© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 38/23 / 15. September 2023

Für alles außer Klimaschutz
Linksradikale: Bei den Protesten gegen die Automobilausstellung geht es nicht um Erderwärmung, sondern um Klassenkampf
Hinrich Rohbohm

Sie reden vom Klimaschutz, doch ihre Parolen klingen mehr nach Klassenkampf. Während der Internationalen Automobil-ausstellung (IAA) in München sowie im Vorfeld der Messe hatten radikale Klima-Gruppen einmal mehr den Versuch unternommen, durch Blockade- und Sabotageaktionen auf sich aufmerksam zu machen. In der Sommerpause war dies auf Sylt geschehen, vergangene Woche in München. Und am kommenden Wochenende wollen die gleichen Akteure versuchen, mit einem als „großer Klimastreik“ angekündigten Protest in Berlin auf sich aufmerksam zu machen. 

„Legitim, Namen von Klimafaschos zu veröffentlichen“

Während für die Auftritte der Klimakleber aus der Gruppe „Letzte Generation“ häufig familiär und sozial entwurzelte, gelegentlich sogar psychisch instabile Personen rekrutiert werden, sind die Drahtzieher und im Hintergrund wirkenden Organisatoren solcher Aktionen keineswegs reine Polit-Chaoten. Sie stammen nahezu ausschließlich aus dem linksradikalen Umfeld und nutzen den Klimaschutz als eine Art Türöffner, um ihre klassenkämpferischen Ideen in eine breitere Öffentlichkeit zu tragen. Was mit dem Label kommunistischer Gruppen nur als Ladenhüter taugt, erhält unter dem Deckmantel des Klimaschutzes derzeit zwar nicht die erhoffte Akzeptanz in der Bevölkerung, sorgt jedoch für ein hohes Maß an öffentlicher und medialer Aufmerksamkeit.

In München etwa haben sich die linksradikalen Gruppen zu den Protestbündnissen „Smash IAA“, „Sand im Getriebe“ und „No Future for IAA“ zusammengeschlossen. Schon die Transparente lassen keinen Zweifel darüber aufkommen, daß es den sogenannten Aktivisten weniger um Klimaschutz als vielmehr um Klassenkampf geht. Zuständig für die Koordination der Anti-IAA-Demonstration ist die 26 Jahre alte Lisa Pöttinger. Sie ist keine Unbekannte. Seit mehreren Jahren ist sie für die Klima-Endzeitsekte Extinction Rebellion (XR) aktiv, die unter anderem die Ablösung der parlamentarischen Demokratie durch einen Gesellschaftsrat fordert, der stark an die sozialistischen Arbeiter- und Soldatenräte während der Revolutionswirren nach Ende des Ersten Weltkriegs erinnert.

2021 hatte Pöttinger bei einer XR-Aktion die Parteizentrale der CSU attackiert und beschädigt. Damals war sie noch unter dem Tarnnamen Resi Lienz in Erscheinung getreten, eine Anspielung auf das Wort Resilienz. Die aus Murnau im oberbayerischen Landkreis Garmisch-Partenkirchen stammende Pädagogin agierte bereits im vergangenen Jahr als Sprecherin des linksradikalen Bündnisses „Stop G7 Elmau“.

Damals war sie mit einem mehr als grenzwertigen Twitter-Beitrag aufgefallen, als sie am 13. Juni vorigen Jahres schrieb: „Ich halte es für legitim, die Adressen von Nazis, Klimafaschos und Konzerneigentümer:innen zu veröffentlichen. Die Frage ist halt, was dann damit gemacht wird: Das Haus mit Farbe bewerfen oder Graffiti, cool. Gewalt gegen Leute schwierig.“ Ebenfalls pikant: Ihr Beitrag stand im Zusammenhang mit einem Posting des Klima-Extremisten Tadzio Müller, der ein Jahr zuvor mit einer noch radikaleren Aussage an die Öffentlichkeit getreten war, als er gegenüber dem Spiegel sagte: „Wer Klimaschutz verhindert, schafft die grüne RAF.“ Eine Anspielung auf die „Rote Armee Fraktion“, deren Terror das Land vor allem in den siebziger Jahren („Deutscher Herbst“) erschütterte.

Die Frau, die das Klima retten möchte, ist ähnlich wie so mancher aus der Letzten Generation ausgesprochen reisefreudig. Pöttinger tourte durch Kanada ebenso wie die USA. Auch Südafrika zählt zu den von ihr bereits besuchten Ländern. Ihren Wunsch, Lehrerin zu werden, konnte sie sich offenbar inzwischen erfüllen. An der Grund- und Mittelschule von Oberammergau, keine 20 Kilometer von ihrem Heimatort Murnau entfernt, wird sie für das Schuljahr 2022/23 als Klassenlehrerin der 4b benannt. Offenbar nutzte sie die in Bayern gerade zu Ende gegangenen Sommerferien, um für linksradikale Gruppen den Anti-IAA-Protest zu organisieren.

In dieser Funktion dürfte sich Pöttinger auch eng mit dem Versammlungsleiter der Demo abgestimmt haben. Der heißt Thomas Lechner, sitzt als Parteiloser für die Linke im Münchner Stadtrat und ist deren Fraktionsvorsitzender. Im Mai hatte er sich dort einen Namen gemacht, weil er als Drag-Queen verkleidet zur Ratssitzung erschienen war. Über lange Zeit hatte der 62jährige das Kulturprogramm des Münchner Christopher Street Days gestaltet. Lechner ist nicht der einzige Münchner Ratspolitiker, der gemeinsam mit den gewaltbereiten Protestlern marschiert. Mit Mona Fuchs und Dominik Krause sind auch die beiden Chefs der Grünen-Stadtratsfraktion mit von der Partie. Darüber hinaus ist die Öko-Partei mit sogenannten parlamentarischen Beobachtern vor Ort, um die Hausbesetzer und Straßenblockierer während der Automobilausstellung immer wieder mit Getränken zu versorgen.

Während der Zeit der IAA kampiert der harte Kern der gewaltbereiten, mit der extremistischen „Interventionistischen Linken“ verbundenen Szene auf den Rasenflächen des Münchner Luitpoldparks. Man hat sich hier eine eigene Infrastruktur geschaffen: Dutzende Dixi-Klos, Wasch- und Abwaschstellen sind vorhanden, ebenso Tische und Bänke in der Mitte ihres Camps. Große Versammlungszelte sind aufgebaut, andere Zelte dienen als Küche und Vorratsraum, wieder andere als Unterstand für technische Geräte. 

Eine Logistik, die ihren Preis hat. Weshalb die linksradikalen Gruppen zu Spenden an das Mobilitätscamp aufrufen. Interessant dabei: Das gespendete Geld landet nicht auf irgendeinem einschlägigen Konto der Klimaradikalen, sondern beim Verein Saubere Energie München e.V. Was wiederum deshalb bemerkenswert ist, weil dessen Vorsitzender Helmut Paschlau ebenfalls eng mit der Münchner Stadtpolitik verbunden ist.

„Der Kampf muß organisiert geführt werden“

Der Inhaber eines Consulting-Büros für Umwelt und Abfall ist als Berater Mitglied der Energiekommission der Stadt, die die Verantwortlichen in allen energiewirtschaftlichen sowie energie- und umweltpolitischen Angelegenheiten berät und somit maßgeblichen Einfluß auf die Gestaltung Münchens ausübt. Warum sammelt so jemand Gelder für gewaltbereite, linksradikale Gruppen ein? Für Leute wie Mira Klein, Sprecherin des Bündnisses  „Smash IAA“, die offen betont: „Wir wollen den Kapitalismus abschaffen“?

In den Zelten rund um „Smash IAA“ haben sich zahlreiche Leute zu Vorträgen versammelt, diskutieren. Antifa-Fahnen sind aufgezogen. Rote Sterne und andere linke Symbole zieren das Zeltinnere, in dem sich alles um das Thema Klassenkampf dreht. Darum, ob man die Gewerkschaften für den gemeinsamen Kampf gewinnen könne oder nicht. „Die Gewerkschaften kannst du vergessen, die sind genauso korrupt wie die Parteien“, kritisiert gerade ein junger Mann. Die Referentin, die sich selbst als „hohe IG-Metall-Funktionärin“ outet, beschwichtigt. „Der Kampf muß organisiert geführt werden, anders wird das nichts.“ 

Es folgt ein Schwall weiterer Schlagworte rund um Enteignungen und Abschaffung des Kapitalismus. Nur ein Schlagwort fehlt in der Runde: Klimaschutz.

Lesen Sie in der kommenden Ausgabe im zweiten Teil dieser Reportage mehr über weitere Aktionen und Hintergründe der Klimakleber.