Der rechtslibertäre Medienmacher Gavin McInnes sorgt konstant für Empörung im englischsprachigen Mainstream. Grund ist vor allem sein eigenes Internet-TV-Projekt Censored.tv, bei dem er und sein Team all die heißen Eisen anfassen, die von den meisten Journalisten allenfalls mit spitzen Fingern behandelt werden.
Der bisher größte Aufreger – und offizielle Grund für die Verbannung von etlichen Sozialen Netzwerken – war dabei wohl ein Interview mit dem US-amerikanischen Skandal-Rapper Kanye West. Während McInnes laut eigener Aussage versuchen wollte, den Musiker von seinem Antisemitismus zu befreien, nutzte dieser die Gelegenheit, um die Juden dazu aufzurufen, Adolf Hitler zu vergeben.
Jetzt wurden auch noch kritische Berichte über Saudi-Arabien zurückgehalten.
McInnes gründete 1994 das legendäre Vice Magazine, das neue Maßstäbe in Sachen frechen, jungen, internationalen Journalismus setzte. Seitdem gilt der in Großbritannien geborene Kanadier, der sich gerne in Hosenträgern, karierten Sakkos und mit Vollbart präsentiert, als „Pate des Hipstertums“. 2007 trennten „kreative Differenzen“ die Wege der Vice-Redaktion und ihres einstigen Chefkopfs. Die Richtungen hätten unterschiedlicher nicht verlaufen können. Während der heute 53jährige Autor, Komiker, Schauspieler und politische Kommentator zu einer der prominentesten Stimmen der Gegenöffentlichkeit wurde, geriet Vice zu einem von vielen beliebig austauschbaren links-woken Medienprodukten. Heute steht es kurz vor der Insolvenz. Werbepartner finden ihren Weg zur jungen Zielgruppe mittlerweile lieber deutlich günstiger über Apps wie TikTok oder Instagram.
Zuletzt berichtete der Guardian auch noch, daß die Vice-Redaktion kritische Berichte über Saudi-Arabien zurückgehalten haben soll. Das Blatt beruft sich auf Autoren, deren Artikel über Menschenrechtsverletzungen erst verschoben und dann abgesagt wurden. Vice hatte auf der Suche nach Rettungsankern kürzlich einen Deal mit einem saudischen Medienkonzern geschlossen. Viele Leser dürften sich die Frage stellen, wo sie im Zeitalter der allgemeinen Gleichförmigkeit und des um sich greifenden Globalismus noch frischen, mutigen – und vor allem tatsächlich unabhängigen – Journalismus finden können beziehungsweise finden dürfen. McInnes hat ein Angebot.