Eine Krawatte kann einiges aussagen. Nicht nur über Stil und Geschmack dessen, der sie sich um den Hals geknotet hat. Sie kann zum Beispiel auch eher unbeabsichtigt verraten, was ihr Träger gerade gegessen – Spaghetti mit Tomatensoße – oder getrunken – Rotwein – hat. Mancher Binder kennzeichnet die Zugehörigkeit zu einer Feuerwehr, einer Studentenverbindung, einem Liederkränzchen oder, besonders die diagonal gestreiften, zu einer bestimmten militärischen Formation (was man als Nicht-Regimentsangehöriger beim Kauf berücksichtigen sollte). Neuerdings offenbart aber dieses immer seltener gewordene modische Accessoire sogar die politische Gesinnung. Und zwar eine besonders gefährliche. So schilderte ein Journalist der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung jüngst in einem Interview mit dem Chef des niedersächsischen Verfassungsschutzes Dirk Pejril eine entlarvende Beobachtung: „Der Vorsitzende der AfD-Fraktion im niedersächsischen Landtag, Stefan Marzischewski, hat sich, während sich die AfD extrem nationalistisch gezeigt hat, mit Krawatte in den Nationalfarben Schwarz-Rot-Gold fotografieren lassen ...“ Donnerwetter, was für eine Provokation! Sollte die Tatsache, daß der Politiker genau die Farben vor der Brust trug, die Artikel 22 des Grundgesetzes als Bundesflagge bestimmt, als Indiz für eine verfassungsfeindliche Einstellung gelten? Der Verfassungsschützer jedenfalls ging in seiner Antwort nicht auf die Beobachtung ein. Daß Krawatten von AfD-Politikern für Schlagzeilen sorgen, ist nicht ungewöhnlich. Zu Berühmtheit gelangte der (vermeintliche) Dackel-Schlips von Alexander Gauland, der allerdings wie sein Träger immer seltener in der Öffentlichkeit erscheint. Und dann war da noch die Sache mit dem Gummiband anstelle des Knotens, das während eines Interviews am Kragen von Parteichef Tino Chrupalla sichtbar wurde (JF 37/22).