Die getönten Scheiben der glänzenden Luxuslimousine mit der kleinen blaugelben Flagge am Nummernschild lassen leider keinen erkenntnisreichen Blick in den Innenraum zu. Da springt die Ampel der Berliner Kreuzung auch schon auf Grün. Einige Straßen weiter habe ich bei einem anderen Fahrzeug mehr Glück: Der schmucke Jaguar aus der Ukraine hat normale Scheiben. Ein Mann um die Mitte 40 sitzt hinter dem Streuer. Daneben eine etwa gleichaltrige Frau.
Verwundert muß ich an die sich häufenden Sichtungen von Oberklassekarossen aus dem osteuropäischen Kriegsgebiet denken. Bei dem dicken schwarzen GLS-Mercedes gestern oder vorgestern saß auch ein mittelalter Herr am Lenkrad. Der Fahrer der G-Klasse neulich war sogar keine 40 auf den ersten Blick. In welchem Alter gilt man in der Ukraine eigentlich als wehrfähig, frage ich mich bei dem Gedanken, ob das Ausreiseverbot für ukrainische Männer aus ihrem eigenen Land noch in Kraft ist.
Eine einsam in ihr Handy quatschende schicke Dame mit Sonnenbrille blickt lässig auf mich herab.
Die desillusionierten Tiraden eines alten Freundes, der sich bei der Bundeswehr verpflichtet hatte und von seinem Kosovo-Auslandseinsatz nachhaltig beeindruckt zurückkehrte, fallen mir wieder ein: „Deutschland hat Panzer geschickt, und als Dank haben wir die albanische Mafia bekommen. Guter Tausch!“ Gibt es in Kiew & Co. eine Organisierte Kriminalität? In meinem Kopf ploppen brutal Berichte auf: über ukrainische Oligarchen, den Korruptionsindex von Transparency International und westliche Waffen, die auf dem Schwarzmarkt gelandet sind.
Einige Zeit später wieder ein eleganter UA-SUV, aber diesmal schaut eine einsam in ihr Handy quatschende schicke Dame mit Sonnenbrille lässig rüber beziehungsweise aufgrund des Höhenunterschiedes leicht herab. Das ist aber auch ein leoähnliches Riesenschlachtschiff. Ein ukrainischer Audi S-irgendwas hatte letztens gleich zwei Parkplätze vor dem Supermarkt mittig blockiert. Wie war das gleich nochmal mit dem sofortigen Zugang ukrainischer Flüchtlinge zum deutschen Sozialsystem?
Schon 2005 in seinem Besuchsbericht aus Tschernobyl schrieb der Schweizer Bestsellerautor Christian Kracht, in Odessa gebe es „mehr Porsche Cayennes als in der Innenstadt von Stuttgart“. Nun sind sie halt da – auch das kommt mir irgendwie bekannt vor.