Nach der Kapitulation der deutsch-italienischen Armeen in Tunesien und der Eroberung der nordafrikanischen Gegenküste Italiens im Mai 1943 (JF 18/23) eröffnete sich für Briten und Amerikaner die Möglichkeit zu einem direkten Stoß in das italienische Mutterland, den „weichen Unterbauch der Achse“ (Churchill).
Der alliierte Angriff auf die zwischen Tunesien und Sizilien gelegene, als Festung ausgebaute italienische Insel Pantelleria zeigte, daß es mit der Kampfmoral der Italiener, die in Nordafrika ihre besten Divisionen verloren hatten, nicht mehr weit her war. Nach fast vierwöchigem Dauerbombardement aus der Luft und von See her ergab sich die Garnison von 11.700 Soldaten am 11. Juni 1943 ohne Kampf.
Italiens Marschall Pietro Badoglio trieb ein doppeltes Spiel
Damit stand Briten und Amerikanern der Weg nach Sizilien offen. Die Insel war bereits im Januar 1943 zum Ziel einer großen amphibischen Invasion gewählt worden. Für das Unternehmen „Husky“ standen fast 2.000 Landungsboote und 1.000 Transporter bereit, gedeckt durch starke britische und amerikanische Flottenverbände. Tatsächlich übertraf „Husky“, was die Menge der angelandeten Truppen anging, sogar die ein Jahr später erfolgende Invasion in der Normandie. Vier amerikanische, drei britische und eine kanadische Infanteriedivision sowie Teile zweier Luftlandedivisionen, rund 160.000 Mann mit 600 Panzern, wurden am 10. Juli 1943 an zwei Abschnitten im Süden der Insel an Land gesetzt.
Die dortige italienische 6. Armee verfügte über vier reguläre Infanteriedivisionen sowie fünf unbewegliche, aus älteren Reservisten bestehende „Küstenschutz“-Divisionen. Hinzu kamen zwei motorisierte deutsche Divisionen mit etwa 120 bis 140 Panzern, darunter auch einigen Tigern. Sie unterstanden anfangs den Italienern, bis am 17. Juli General Hans-Valentin Hube das Oberkommando über alle deutschen und bald darauf de facto auch italienischen Truppen auf der Insel übernahm. Die später noch um zwei weitere Divisionen verstärkten Deutschen trugen die Hauptlast der Kämpfe. Nur wenige italienische Verbände erwiesen sich als kampfbereit, die Küstenschutzdivisionen lösten sich schon bei der Landung ohne Gegenwehr auf. Auf der Insel verschob sich das Kräfteverhältnis immer mehr zugunsten der Alliierten, die am Ende fast eine halbe Million Soldaten angelandet hatten. Dennoch konnten sich die Achsentruppen fast fünf Wochen auf Sizilien halten, ihren Feinden harte Gefechte liefern und sich geordnet zurückziehen.
Der deutsche Oberbefehlshaber in Italien, Feldmarschall Albert Kesselring, erkannte früh, daß die Achse mit dem Tempo der feindlichen Verstärkungen nicht Schritt halten konnte. Als Anfang August die Alliierten die Stellungen am Ätna durchbrachen, hatten Kesselring und Hube schon die Evakuierung ihrer Truppen eingeleitet. Ein weiteres „Tunisgrad“ sollte vermieden werden. Durch das „Unternehmen Lehrgang“ wurden vom 11. bis zum 17. August 40.000 deutsche und 62.000 italienische Soldaten, 47 Panzer und 30.000 Tonnen Munition und Ausrüstung über die Straße von Messina auf das italienische Festland überführt. Eine starke Konzentration von Flugabwehrgeschützen verhinderte nahezu alle Verluste durch gegnerische Luft- und Seeangriffe.
Die Wehrmacht rettete so intakte Verbände für weitere Kämpfe auf dem italienischen Festland. Politisch hingegen war von größter Bedeutung, daß der Faschistische Großrat am 25. Juli Mussolini zum Rücktritt gezwungen hatte, der daraufhin auf Befehl König Viktor Emmanuel III. verhaftet worden war. Die neue italienische Regierung unter Marschall Pietro Badoglio setzte formal den Krieg an der Seite der Deutschen fort, begann aber sofort Verhandlungen mit den Westalliierten über eine italienische Kapitulation. Am 3. September wurde im sizilianischen Cassibile ein Waffenstillstandsvertrag unterzeichnet, der nicht nur den Kriegsaustritt Italiens vorsah, sondern dort den Alliierten weitgehende Rechte zur weiteren Bekämpfung der Deutschen einräumte. Der Vertrag sollte bis zur Hauptlandung der Alliierten in Italien geheimgehalten werden.
Die Landung der 8. britischen Armee am 3. September in Kalabrien an der Spitze des italienischen Stiefels war nur ein Vorspiel. Erst kurz vor der Landung der amerikanischen 5. Armee am 9. September in der Bucht von Salerno (Operation Avalanche), etwa fünfzig Kilometer südlich von Neapel, wurde das Ausscheiden Italiens aus Krieg und Achsenbündnis per Radio gemeldet. Wenig später landeten britische Truppen auch in Apulien am Stiefelabsatz.
So standen die deutschen Truppen in Italien vor der doppelten Aufgabe, sich der angelandeten Alliierten zu erwehren und die ehemaligen Verbündeten zu entwaffnen. Auf letzteres hatten sie sich bereits vorbereitet, seitdem Hitler nach dem Fall von Tunis erstmals Zweifel an der Bündnistreue der Italiener geäußert hatte. Nach der Absetzung Mussolinis wurden eine ganze Reihe von Divisionen unter dem Vorwand der Unterstützung der Noch-Verbündeten gegen eine alliierte Invasion nach Italien verlegt und Pläne für den sogenannten „Fall Achse“ ausgearbeitet. Unmittelbar nach Bekanntwerden des Waffenstillstands wurden sie realisiert.
Im Infanteriekampf erwiesen sich die Deutschen als überlegen
Den Deutschen kam zugute, daß der Waffenstillstand bei der Masse der italienischen Soldaten zu großer Desorientierung geführt hatte. Vielerorts wehrten sie sich nicht gegen ihre Entwaffnung und Internierung. In Norditalien gab es kaum Widerstand. Im Raum um Rom, wo die Italiener stärkere Kräfte zusammengezogen hatten, kam es zunächst zu einigen Gefechten. Deutsche Zusicherungen, Rom fortan als „offene Stadt“ zu behandeln, führten zur Aufgabe des italienischen Widerstandes. In Süditalien konnten viele italienische Soldaten zu den Alliierten übergehen, viele aber ergaben sich auch den Deutschen, die hier große Teile der Mannschaften als Zivilisten zu ihren Familien entließen. Etwa 200.000 überzeugte italienische Faschisten und Soldaten, die der Deportation nach Deutschland entgehen wollten, schlossen sich der sogenannten „Italienischen Sozialrepublik“ an, die der am 12. September von einem deutschen Fallschirmjäger-Kommando am Gran Sasso befreite Mussolini gegründet hatte. Die aus Rom geflohene legitime italienische Regierung unter Badoglio hingegen erklärte Deutschland am 13. Oktober den Krieg. Beide italienische Regierungen verfügten zunächst über keine bedeutenden militärischen Kräfte.
Zeitgleich mit der Durchführung des Falls „Achse“ gelang es Kesselring, die in Süditalien gelandeten Briten und Amerikaner in Schach zu halten. Die deutsche Luftwaffe traf in den ersten Tagen nach dem 8. September, unter anderem durch den Einsatz von fernlenkbaren Gleitbomben, rund 85 Kriegs- und Transportschiffe, bis die alliierten Jagdflieger und Flak zu stark wurden. Die sofort unternommenen energischen Gegenangriffe führten bei den Alliierten sogar zu einer ernsten Krise, bis Flieger, Schiffsartillerie und eingeflogene Verstärkungen die Deutschen stoppten.
Am 16. September stellte der Befehlshaber der 10. Armee, General Heinrich von Vietinghoff, alle Angriffe ein, weil die Überlegenheit der Alliierten zur Luft und zur See zu groß sei. Kesselring stimmte einem geordneten Rückzug auf rückwärtige Linien zu, der den deutschen Truppen auch gelang. Der britische Militärhistoriker Liddell Hart kritisierte später „die ganze militärische Doktrin der Alliierten“: Zu sehr seien die alliierten Kommandeure darauf fixiert gewesen, zunächst gewonnene Positionen zu „konsolidieren“ und vor neuen Angriffen eine möglichst große Überlegenheit herzustellen, statt durch wagemutige Vorstöße günstige Gelegenheiten auszunutzen.
Zwar mußte Kesselring das südliche Drittel des italienischen Stiefels einschließlich Neapels aufgeben. Dann aber kam ihm die Geographie Italiens zu Hilfe. Im Apennin-Gebirge gibt es eine Vielzahl von in Ost- oder Westrichtung fließende Gewässer und Täler, die es den Verteidigern erlaubten, immer wieder neue Haltelinien gegen einen von Süden nach Norden vordringenden Angreifer zu bilden. Zudem zwangen sie die Alliierten zu infanteristischen Gefechten, bei denen sie ihre gewaltige Überlegenheit zu Luft, bei Panzern und Artillerie nicht zur Geltung bringen konnten. Im Infanteriekampf aber erwiesen sich die deutschen Kommandeure und Soldaten als überlegen. Tatsächlich erlitten Amerikaner, Briten und Kanadier in dieser Phase des Krieges deutlich höhere Verluste als ihre Gegner. Das Jahr endete für sie in einem „Bloody December“, als ihr Vormarsch nach Norden an der Gustav-Linie, 140 Kilometer südlich von Rom, zum Stehen kam – für viele Wochen.