Schon immer waren Venedig und Rom Rivalen, wenn es um den internationalen Film ging. Gegen die jährliche Filmbiennale am Lido versuchte sich Rom ebenfalls mit einem jährlichen Filmfestival zu etablieren: Mit gewaltigem Staraufgebot auf der Via Veneto. Große internationale Stars reisten an den Tiber. Und die Jungen aus der römischen Vorstadt träumten ihren Tagtraum vom Entdecktwerden. Doch mit den Jahren zerplatzte dieser Traum schlicht am Geld, und die Römer besannen sich wieder auf ihren heiligsten Ort des italienischen Kinos, nämlich auf Cinecittà.
Diese legendäre Filmstadt wurde 1937 unter dem filmbegeisterten Benito Mussolini einst auf grüner Wiese gegründet und ist noch immer die größte Filmstadt Europas. Cinecittà ist das europäische, auf den ersten Blick eher provinziell wirkende Hollywood vor den Toren Roms. Während in den USA die Technik und Perfektion triumphiert, zelebriert man hier mit hauseigenem Kulissenzauber, zwar kunstvoll, doch immer aufdringlich und bunt. Die Falschheit des Glanzes gehört nun einmal zur römischen Filmwelt.
Schon steht Amazon Schlange mit „old guards“ wie Charlize Theron und Uma Thurman.
Die Vorliebe der Italiener für die große Oper und Künstlichkeit spürt man überall. Und daß immer wieder Pappe und Leinwand durchscheinen, gehört zum römischen Hollywood. Man darf nicht vergessen, welch großartige Werke hier entstanden, so „Rom, offene Stadt“, „Das süße Leben“ und „Drei Münzen im Brunnen“. Bekannte Regisseure, wie Federico Fellini oder Roberto Rosselini sorgten für einen künstlerischen und wirtschaftlichen Boom. Rom ist mit Recht stolz auf Cinecittà. Sie wird jedem ausländischen Gast vorgeführt. Doch in Zeiten des Internets ändern sich wiederum die Dinge. So muß man nun erleben, daß die nördlichste Stadt Italiens, Triest, von Amazon und Netfix derzeit heiß begehrt ist. Triest, Schmelztiegel italienischer, österreichischer, slowenischer, jüdischer und griechischer Kultur, ist über Nacht zum favorisierten Drehort aus Übersee geworden und hat Cinecittà längst überholt. Gerade wurde auf dem schönsten Platz Europas, der Piazza dell’Unita, in dem früheren Lloyd-Palazzo, in dem heute die Regionalverwaltung ihren Sitz hat, der Film „Heads of States“ von Netflix abgedreht. Triest, die Hauptstadt Mitteleuropas, mit ihren eleganten weißen Palazzi, dem blauen Meer und dem grünen Karst, scheint von Hollywood über Nacht entdeckt worden zu sein. „Das Publikum will Wirklichkeit und keine Kulisse“, so stolz der Regisseur Ilja Naischuller. Schon steht Amazon Schlange mit „old guards“ wie Charlize Theron und Umar Thuman.
Droht Cinecittà hier eine neue Konkurrenz, drohen die Lichter auszugehen? Im Piccolo von Triest liest man die triumphierende Überschrift: „Die Dreharbeiten brachten der Stadt acht Millionen Euro“!