Immer mehr Ausländer in Deutschland lassen ihre Familienangehörigen aus der Heimat nachkommen. Zwischen Januar und Juli dieses Jahres haben die Botschaften und Konsulate der Bundesrepublik knapp 77.000 Visa für Angehörige von in Deutschland lebenden Ausländern ausgestellt, berichtete die Augsburger Allgemeine unter Berufung auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Andrea Lindholz (CSU).
Damit zeichne sich ab, daß 2023 ein Rekordjahr nicht nur bei der irregulären Zuwanderung, sondern auch beim Familiennachzug werde, kritisierte die Innenpolitikerin. „Neben 300.000 Asyl-Erstanträgen ist mit rund 130.000 Visaerteilungen zum Familiennachzug zu rechnen“, sagte sie der Zeitung.
Im vergangenen Jahr sind insgesamt 117.032 Visa zum Familiennachzug von sogenannten Drittstaatenangehörigen erteilt worden, hatte die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion mitgeteilt. Rund 15.900 Visumsanträge zum Zweck des Familiennachzugs seien abgelehnt worden. Von den erteilten Visa entfielen 54.600 auf den „Ehegattennachzug zum Ausländer“. In 10.549 Fällen habe es sich um Familiennachzug zu Flüchtlingen gehandelt, in 231 Fällen um Nachzug zu Asylberechtigten und in 8.900 Fällen um Nachzug zu subsidiär Schutzberechtigten. Allein bei letzteren liegt die Zahl der in den ersten sieben Monaten dieses Jahres erteilten Visa schon bei 7.350.
Lindholz warnte angesichts der absehbar steigenden Zahlen vor einer weiteren Belastung der ohnehin schon mit der Integration und auf dem Wohnungsmarkt überforderten Kommunen. Die stellvertretende Vorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion forderte die Bundesregierung auf, die Zahl der Visa zum Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte drastisch zu reduzieren, bis die Asylzahlen deutlich zurückgegangen sind.
Denn diese Personen, die nicht politisch verfolgt werden, in deren Heimat aber beispielsweise ein Bürgerkrieg herrscht, haben anders als anerkannte Flüchtlinge und Asylanten keinen Rechtsanspruch auf Familiennachzug. Für sie ist derzeit ein Kontingent von tausend Visa pro Monat für den Nachzug von Angehörigen gedacht. 90 Prozent der entsprechenden Anträge stammen laut Auswärtigem Amt von syrischen Staatsangehörigen.
Unterdessen erwähnte die Augsburger Allgemeine einen besonders hervorstechenden Fall. Demnach hat im bayerischen Landkreis Donau-Ries ein 40jähriger Syrer, der als anerkannter Asylbewerber in einer Flüchtlingsunterkunft lebt, den Nachzug seiner im Libanon lebenden Frau samt ihrer zehn Kinder beantragt. Das zuständige Landratsamt äußerte Bedenken bezüglich einer Unterbringung der Großfamilie des Mannes, der weder Deutsch spreche noch einer Erwerbsarbeit nachgehe. Dennoch erteilte die Botschaft in Beirut der Frau und den Kindern ein Visum, mit dem sie nach Deutschland einreisen durften. „Inzwischen ist noch ein elftes Kind dazugekommen“, heißt es in dem Bericht.