© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 35/23 / 25. August 2023

EU-Bürger sollen Mehrebenen-Identität ausbilden
Neu im Wertekonsens
(dg)

Die Idee, eine Union vieler Staaten des europäischen Kontinents zu gründen, geht auf die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg zurück. Angestoßen durch die Züricher Europa-Rede Winston Churchills 1946, so erzählt die den Hintergrund des „Kalten Krieges“ sorgsam ausblendende Humangeographin Veronika Cummings (Mainz) ihre eigenwillige Version einer Geschichte der EU, hätten Frankreich und Deutschland den Einigungsprozeß vorangetrieben, um langfristig friedliche Verhältnisse zunächst innerhalb Westeuropas zu schaffen (Geographische Rundschau, 6/2023). Bis zum Mauerfall hätten EWG und EG, die Vorläufer der EU, in der wirtschaftlichen Kooperation den Garanten eines Miteinanders gesehen. Erst mit dem Vertrag von Maastricht (1992) habe man den Ehrgeiz entwickelt, die Wirtschafts- zur „Wertegemeinschaft“ auszugestalten. Doch diese auf einem gemeinsamen „normativen Wertekonsens“ fußende „Vision Europas“ scheine infolge zunehmender Diversität durch Masseneinwanderung immer schwerer identitätsstiftend den Alltag von 446 Millionen Europäern zu bestimmen. Cummings empfiehlt daher, die EU-Bürger sollten darauf mit der „sozialen Konstruktion einer differenzfreundlichen Mehrebenen-Identität“ reagieren. Dann zähle es zum neuen Wertekonsens, Unterschiede „aktiv zu leben“. 


 www.westermann.de