© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 35/23 / 25. August 2023

Eine nostalgische Zeitreise entpuppt sich als Horrortrip
Enthemmte Brexit-Kritikerin
(ob)

Großbritannien „taumelt ins vierte desaströse Jahr nach dem Brexit und ist in verschiedene Kulturkämpfe verkeilt“. Schuld an diesem Niedergang ist für die britische Schriftstellerin Alison Louise Kennedy, die als Kolumnistin der Süddeutschen Zeitung die politischen Entwicklungen in ihrer Heimat kommentiert, eine libertäre Elite, der es 2016 leider gelungen sei, bei einer knappen Mehrheit von Brexit-Befürwortern an nostalgische Gefühle zu appellieren. Doch hohl blieb das Versprechen der im Königreich tatsächlich regierenden „Konzernpiraten“ der Londoner City, nicht nur „die Kontrolle“, sondern auch angeblich gesellschaftliche Idealzustände zurückzugewinnen: als es noch keine Probleme mit Homo- und  Transmenschen gab, als nur nette Weiße in Großbritannien lebten, man als einzige Sprache im Bus Englisch hörte, alle so gern christlich waren und Frauen als Mütter ihre Erfüllung gefunden hätten. Nun, nachdem die als Lösung aller Probleme angebotene Zeitreise sich für die betrogenen Massen als Horrortrip entpuppe, sei auch zu erkennen, daß „wir auch vor dem EU-Beitritt nie das unabhängige, intelligente, witzige und kultivierte Volk waren, für das uns freundliche Fremde gelegentlich gehalten haben“. Dieses positive Selbstbild zerfalle wie die Institutionen, die bisher wesentlich von EU-Geldern profitierten: der Kunst- und Kultursektor und die Universitäten. „Unsere Forscher sind entweder geflohen oder von jeder normalen internationalen Zusammenarbeit sowie der Finanzierung qualitativer Arbeit abgeschnitten“. Ausländische Studenten kämen nicht mehr. Die einzigen, die es noch auf die Insel ziehe, seien „Bootsflüchtlinge“ (Aus Politik und Zeitgeschichte, 12-13/2023). 


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