© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 35/23 / 25. August 2023

Fahrräder und Natalie Portman statt Fiat und Ferrari
Automesse in München: Die IAA Mobility will ein zeitgeistiger „Technologie- und Mobilitätstreff“ sein / Proteste von Autohassern angekündigt
Christian Schreiber

Ist es ein Einknicken vor dem Zeitgeist oder ein taktisches Kalkül? Der Verband der Automobilindustrie (VDA) hat als Ausrichter der Auto-Messe IAA Mobility der „Letzten Generation“ (LG) einen eigenen Stand auf den Ausstellungsflächen in der Münchener Innenstadt angeboten. Doch die  Klimakleber lehnten ab. Dafür ist ab 5. September erstmals Tesla mit einem Stand in der Halle A2 zu sehen. Auch sonst ist aus einer der einst größten Automessen der Welt ein zeitgeistiger „Technologie- und Mobilitätstreff“ geworden.

Dafür sind klassische Automarken wie Peugeot, Ferrari, Lamborghini, Fiat, Citroën, Jeep, Chrysler oder Maserati nicht  vertreten. Auch von Jaguar, Land Rover Hyundai/Kia, Mazda, Nissan oder Toyota wird nichts zu sehen sein. Dafür sind viele Fahrradhersteller vertreten sowie Anbieter von öffentlichen Verkehrsmitteln. Laut Messe München  haben sich „500 Aussteller und Schlüsselfiguren in Sachen Fortbewegung“ angemeldet. Gleichzeitig wird die IAA ‒ wie bei ihrer ersten Münchner Ausgabe 2021 ‒ nicht auf das Messegelände begrenzt. Mit einem „Offenen Bereich“ soll in der Innenstadt Publikum angelockt werden. 2021 gab es an den sechs IAA-Tagen mehr als 400.000 Besucher aus 95 Ländern. Das anschließende Echo war geteilt.

Kritiker bemängeln, der IAA fehle es an einer klaren Zielgruppenansprache. „Vielleicht liegt es aber auch an der Vorsicht der großen Hersteller. Schließlich möchte sich niemand bei der Präsentation seiner Elektroautos Greenwashing vorwerfen lassen müssen oder gar mit Klima-Demonstrationen in negative Verbindung gebracht werden“, mutmaßte das Fachmagazin Auto Motor Sport.  Die erwarteten Proteste von Autohassern wie „Sand im Getriebe“, „Block IAA“, „Smash IAA“ oder „No Future IAA“ und Klimakleber halten die Branche seit längerem in Atem.

Die Münchner Stadtverwaltung hat dennoch ein Protestcamp genehmigt. Für den 10. September ist eine Großdemo geplant, an den Tagen davor sollen andere Aktionen den Ablauf der Messe stören. Um den Protesten den Wind aus den Segeln zu nehmen, haben die Veranstalter es mit einer „Umarmung“ versucht. So wird die Hollywood-Schauspielerin und linksgrüne Aktivistin Natalie Portman an einer Podiumsdiskussion teilnehmen. Die 42jährige kann ein wenig öffentlichen Trost gebrauchen, soll doch der Ehemann der israelisch-amerikanischen Künstlerin mit einer 25jährigen Klima-Aktivistin durchgebrannt sein. Ihrem Einsatz für die „gerechte Sache“ tut dies dennoch keinen Abbruch.

Natalie Portman freue sich nach eigener Aussage darauf, gemeinsam mit führenden Vertretern der Branche ihre Sichtweise der Mobilität mit der Industrie und der Öffentlichkeit zu teilen. „Seit Jahren positioniert sie sich zu gesellschaftspolitischen Themen – etwa gegen soziale Ungleichheiten und Armut sowie für  Veganismus und den Klimaschutz. Entsprechend ihres Interesses, den Klimawandel zu bekämpfen, ist ihr auch das Thema der nachhaltigen Mobilität ein großes Anliegen, vor allem in Anbetracht ihrer zahlreichen Verpflichtungen, die es erfordern, dass sie auf der ganzen Welt reist“, teilen die IAA-Veranstalter mit.

Weniger euphorisch sind die deutschen Klimakleber. Ihre Störaktion am 14. August im Wolfburger VW-Werk mißlang: Produktionsarbeiter waren weniger ängstlich als Berliner Polizisten. In München droht nun wohl ähnliches. „Die IAA stand in den vergangenen Jahren vor allem für Einschränkungen der Presse- und Versammlungsfreiheit anstatt für die mutige Verkehrswende, die wir so dringend brauchen“, klagt LG-Sprecherin Carla Rochel. Es sei „zynisch, daß der Autoverkehr in Deutschland immer noch besser geschützt wird als unser Überleben“, so die 21jährige Studienabbrecherin aus Dresden. Die bayerische Polizei ist vor zwei Jahren konsequent gegen die Autohasser vorgegangen – trotz Kritik in den Medien. Wohl auch deshalb haben die Veranstalter versucht, sich möglichst „grün“ zu geben. Doch der große Erfolg dieser Maßnahme dürfte ausbleiben.