© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 35/23 / 25. August 2023

Projektentwickler in der Immobilienbranche kippen reihenweise um
Zeitenwende am Bau
Martin Krüger

Die Nürnberger Project-Immobilien-Gruppe (PI) hat es als nächste erwischt. Nach der Centrum-Gruppe, der Euroboden und Development Partner steht ein weiteres Unternehmen der Branche auf der Kippe. Die PI-Gruppe betreut derzeit 118 Projekte mit rund 1.850 Wohnungen. Schwerpunkte der Unternehmensaktivität liegen auf den Gebieten Berlin, Potsdam, Hamburg, Düsseldorf, Rhein-Main-Gebiet, München und Nürnberg.

Bereits voriges Jahr wurde die Essener Fakt AG vom sich drehenden Immobilienmarkt getroffen. Vor wenigen Tagen hatte der Hamburger Immobilienentwickler Revitalis Insolvenz angemeldet. Nachdem es bislang meist kleinere Firmen erwischte, trifft es jetzt auch größere. Allein zwischen Januar und März 2023 hat sich die Zahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften aus dem Grundstücks- und Wohnungswesen im Vergleich zum ersten Quartal des Vorjahres fast verdoppelt, erklärt Steffen Müller, Leiter der Abteilung Strukturwandel und Produktivität des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung (IWH). In rasendem Tempo haben die Zentralbanken die Zinsen nach jahrelanger Nullzinsphase angehoben. So stieg der dreimonatige Referenzzinssatz sogar von minus 0,5 Prozent Anfang vergangenen Jahres auf zuletzt 3,8 Prozent. Das hat die Nachfrage reduziert. Und diese Kaufzurückhaltung hält an. Zudem hat der Ukraine-Krieg die Rohstoffpreise auch für Bauherren explodieren lassen. 

Der Markt befindet sich derzeit in einem toxischen Dreieck aus massiven Kostensteigerungen, höheren Zinsen und einem quasi zum Erliegen gekommenen Investmentmarkt“, befindet Arndt Geiwitz von der Kanzlei SGP Schneider Geiwitz. Er begleitet das Unternehmen Centrum als Generalbevollmächtigter. Das Statistische Bundesamt berichtet sogar von einem Viertel weniger Baugenehmigungen im Mai 2023 gegenüber dem Vorjahresmonat. Und das Ganze bei einem ohnehin engen Wohnungsmarkt. Höhere Mietpreise sind nicht ausgeschlossen. Die Insolvenz von PI erstreckt sich dabei längst nicht nur auf Vertragspartner und Wohnungskäufer. Da das Unternehmen ohne Bankfinanzierungen arbeitete, besorgte man sich das Kapital bei Privatinvestoren über Fondskonzepte. Es heißt, 30.000 Anleger sind betroffen. Dahinter steht ein Vermögen von rund 1,4 Milliarden Euro.