© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 35/23 / 25. August 2023

Senioren wohnen lassen, wo sie möchten
Das ist Privatsache
Markus Brandstetter

Wenn in Deutschland über das Wohnen diskutiert wird, dann geht es nie ohne massive Vorwürfe, großes Emotionskino und der Forderung nach wilden Staatseingriffen. Aktuell lauten die Vorwürfe: Ältere Menschen blockieren große Wohnungen, die junge Familien dringend brauchen. Weil das so sein soll, schlagen Immobilienforscher vor, den Schutz für langjährige Bestandsmieter abzuschaffen und die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen, die besagt, daß Mieten in drei Jahren nur um 20 Prozent erhöht werden dürfen, zu kassieren. Dadurch, so stellt man sich vor, würden ganz schnell ganz viele, ganz große und ganz billige Wohnungen für junge Familien frei.

Alles an diesem Vorschlag ist falsch. Senioren wohnen in großen Wohnungen, weil sie sich das erarbeitet haben, wie sie es so wollen, und weil es geltendes Recht ist. Das ist zu respektieren.

Finden Familien mit Kindern keine passenden Wohnungen oder können nicht selbst bauen, dann liegt das an den durch die Nullzinspolitik exorbitant gestiegenen Immobilienpreisen, den nach Corona und durch Lieferkettenproblemen explodierten Baukosten, der hohen Grunderwerbsteuer, den langwierigen und komplizierten Genehmigungsverfahren und den vielen Normen. Aber nicht an älteren Menschen, die nach einem langen und arbeitsreichen Leben in großen Wohnungen und Häusern leben, die ihnen plötzlich nicht mehr zustünden.