© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 34/23 / 18. August 2023

Arbeitern ökologisches Zukunftsbewußtsein vermitteln
Schritte in den nachhaltigen Sozialismus
(ob)

Obwohl noch nicht abgeschlossen, lassen seine Befragungen unter Arbeitern in der Auto- und Zulieferer-Industrie den Soziologen Klaus Dörre (Universität Jena) Böses für die „Klimarettung“ ahnen, das Herzensprojekt der Berliner „Fortschrittskoalition“. Die Zwänge eines Arbeitslebens „am Band“, einer Tätigkeit in 50-Sekunden-Takten, mit zwei neunminütigen Kaffee- und einer 23-Minuten-Mittagspause nehmen die Beschäftigten eines Thüringer Opel-Werks vor allem deshalb in Kauf, um in ihrer Freizeit leben zu können, wie es ihnen gefällt: „Wie der Arbeiter lebt, was er nach der Arbeit macht, will er sich unter keinen Umständen vorschreiben lassen.“ Und schon gar nicht von den Privilegierten der „Klimabewegung“ und den Grünen. Das sei ein wesentlicher Grund, warum sich die „radikale Rechte mit ihrer fiktiven Aufwertung des Lebens ‘normaler’ Arbeiter inzwischen auch bei Gewerkschaftsmitgliedern Gehör verschaffen kann“. Um diesem, wie die laufende Wärmepumpen-Debatte zeige, wachsenden breiten Widerstand zu begegnen, der sich als „gewaltiger Bremsklotz“ für die deutsche Klimapolitik erweisen dürfte, schlägt Dörr vor, „ökologisches Zukunftsbewußtsein bei den unteren Klassen“ zu fördern. Das entstehe aber nur, wenn ein Minimum an staatlich garantierter Arbeitsplatz- und Einkommenssicherheit gegeben sei. Also solle man erste Schritte in Richtung eines ökologischen Wohlfahrtstaates gehen, der zumindest als Übergangsprojekt auch in Milieus mehrheitsfähig sei, die mit dem „System Change oder nachhaltigem Sozialismus“ noch fremdeln (Blätter für deutsche und internationale Politik, 6/2023). 


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