Gerd Heidemanns Archiv geht nach Kalifornien
HAMBURG. Der frühere Stern-Reporter Gerd Heidemann, bekannt durch die Affäre mit den gefälschten Hitler-Tagebüchern 1983 (JF 17/23), hat sein Archiv mit etwa 7.000 Ordnern, Tondokumenten und über 100.000 Fotografien an die Hoover Institution an der Stanford University in Kalifornien übergeben. Europakuratorin Katharina Friedla, die für die privatrechtliche US-Einrichtung mit ihrer mehr als einer Million Bände umfassenden Bibliothek und einem Archiv mit gut 6.000 verschiedenen Beständen seit Juni 2023 die Betreuung des Heidemann-Archivs übernommen hat und nun den Transport der Bestände von Hamburg in die USA organisiert, spricht von der „wahrscheinlich wichtigsten privaten Sammlung über NS-Täter und ihre Motivation“. Neben dem Fotoarchiv von Hitlers „Leibfotografen“ Heinrich Hoffmann und unzähligen Zeugnissen und Dokumenten aus dem Umfeld von NS-Größen gilt besonders der Nachlaß des SS-Obrgruppenführers und Himmler-Vertrauten Karl Wolff (1900–1984) als hochinteressant. Selbst die journalistischen Recherchen, etwa Heidemanns Reportagen über NS-Funktionäre im südamerikanischen Exil wie Klaus Barbie oder Josef Mengele gelten als bedeutend. Der Historiker Thomas Weber (Aberdeen) erhofft sich „ganz neue Impulse für die Täterforschung“. Sein Kollege Niall Ferguson, Senior Fellow der Hoover Institution, wertet die Sammlung des heute 91jährigen Heidemann sogar als „Magnet für Wissenschaftler“. Diese wird nach Überführung nach Kalifornien laut Friedla künftig „Historikern und Journalisten kostenlos zur Verfügung stehen“. (bä)
Spanische Grippe: Keine Flucht in politische Extreme
LONDON. Ausgehend von der Annahme, daß es während der Corona-Pandemie zu einer Zunahme extremer politischer Ansichten gekommen sei, gingen der Wirtschaftswissenschaftler Stefan Bauernschuster von der Universität Passau und dessen Kollegen der Frage nach, ob die Spanische Grippe zwischen 1918 und 1920 ähnliche Folgen gehabt und vielleicht sogar zum Aufkommen des Nationalsozialismus beigetragen habe. Zu diesem Zweck verglichen die Forscher die Wahlergebnisse in den von der A/H1N1-Influenza besonders betroffenen Gebieten Deutschlands mit Regionen, in denen man weniger Grippetote zählte. Dabei kamen sie zu folgendem Ergebnis: „Die Pandemie hat nicht die extremen Parteien gestärkt, sondern die gemäßigte Linke, ganz konkret die SPD“ (Centre for Economic Policy Research, Press Discussion Paper N. 18277 vom 6. Juli 2023). Daß gerade die Sozialdemokraten von der Krise profitieren konnten, erklärt das Team um Bauernschuster mit der damals zweifellos vorhandenen Expertise vieler SPD-Politiker im Hinblick auf Gesundheitsfragen. Allerdings zogen auch die beiden liberalen Parteien DDP und DVP, denen viele Ärzte und Fachleute für Sozialhygiene angehörten, Stimmenvorteile aus der Pandemie. (ts)
Erste Sätze
Was ist ein Manager?
Helmut Schelsky: Auf der Suche nach Wirklichkeit. Gesammelte Aufsätze, Köln 1965
Historisches Kalenderblatt
17. August 1943: Beim Angriff der 8. US-Luftflotte auf Schweinfurt schießen deutsche Kampfflieger und Flak 60 „Flying Fortress“-Bomber ab, beschädigen 176 schwer. Der „Schwarze Donnerstag“ gilt als verlustreichster US-Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg auf Deutschland.