© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 33/23 / 11. August 2023

X verklagt Anti-Haßsprache-Organisation
Den „offenen Krieg erklärt“: Elon Musk geht auf Konfrontationskurs zu woken NGOs und deren Kampagnen
Christian Schreiber

Elon Musk ist mal wieder in aller Munde. Kaum hat er den Kurznachrichtendienst Twitter schlicht und einfach in „X“ umbe­nannt, sorgt der Milliardär für Aufsehen. Vergangene Woche reichte er im Namen seines Unternehmens eine Klage gegen das Center for Countering Digital Hate (CCDH) ein. Die Nichtregierungsorganisation setzt sich dafür ein, daß große Tech-Firmen ihre Dienste für Personen einstellen, die möglicherweise Haß und Fehlinformationen verbreiten. Besonders „rassistische“ und nicht-woke Inhalten werde dabei moniert. So war die Organisation federführend beim Aufspüren von Beiträgen, die sich kritisch mit Corona-Maßnahmen auseinandergesetzt haben oder abweichende Meinungen zum Klimawandel hatten. X wirft dem CCDH vor, es habe widerrechtlich auf Daten des Kurzmitteilungsdienstes zugegriffen, die der Analysefirma Brandwatch zur Verfügung gestellt worden seien. Mit Hilfe von Brandwatch können Unternehmen Online-Beiträge rund um ihre Marken nachverfolgen. X meint, das CCDH habe einen Kunden von Brandwatch dazu verleitet, der Organisation Zugangsdaten zu geben.

Das Center mit Sitz in den USA und Großbritannien hatte zuvor 100 Bezahl-Accounts bei Twitter für die Verbreitung von Haß gemeldet. In der Klageschrift stellen Musks Anwälte die Kompetenz der „Hate“-Forscher in Frage und beschuldigen sie, dem Ruf von X gezielt schaden zu wollen. Durch die umstrittene Analyse des CCDH seien Twitter lukrative Werbepartner abgesprungen, moniert der X-Vorstandsvorsitzende. „Dies ist eine noch nie dagewesene Eskalation eines Social-Media-Unternehmens gegen unabhängige Forscher. Musk hat gerade den offenen Krieg erklärt“, sagt CCDH-Gründer Imran Ahmed. Er fürchte, daß sich andere Wissenschaftler davon einschüchtern lassen könnten. „Wenn es Musk gelingt, uns zum Schweigen zu bringen, werden andere Forscher als nächstes dran sein.“

Musk hatte bei der Übernahme von Twitter argumentiert, er sei ein Verfechter der reinen Meinungsfreiheit. „Ich hoffe, daß selbst meine schlimmsten Kritiker auf Twitter bleiben, denn das bedeutet freie Meinungsäußerung“, erklärte er.