© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 33/23 / 11. August 2023

Mehrwertsteuer im Gastgewerbe soll auf 19 Prozent steigen
Gnadenloses Abkassieren
Jörg Fischer

Die vor zehn Jahren abgewählte schwarz-gelbe Bundesregierung hat bis heute spürbare Langzeitfolgen: Milliardenschwere „Euro-Rettung“, beschleunigter Atomausstieg, fortgesetzte „Energiewende“ oder die Ticketsteuer für Flugreisen. Zu den wenigen erfreulichen Reformen zählte die medial als „Mövenpick-Steuer“ verteufelte Absenkung der Mehrwertsteuer für Übernachtungen von 19 auf sieben Prozent. Das machte nicht globale Hotelkonzerne reich, sondern den teuren Deutschlandurlaub ein klein wenig billiger. Die existenzvernichtenden Umsatzeinbußen während der Corona-Krise brachten die Bundespolitik dazu, ab 2021 auch für Speisen die Mehrwertsteuer auf sieben Prozent abzusenken. Doch 2024 sollen wieder 19 Prozent fällig werden.

Das wird nicht nur die Inflation antreiben und den Gästen das Geld aus der Tasche ziehen: „Bei einer Steuererhöhung würden weitere 12.000 Unternehmen ihr Geschäft aufgeben“, warnt Ingrid Hartges, Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga). Denn nach drei coronabedingten Verlustjahren haben die heimischen Restaurants und Hotels immer noch nicht ihre Vorkrisen­umsätze erreicht. Die Zahl der Unternehmen in der Gastobranche ging von 222.400 (2019) auf 186.600 (2021) zurück. „Nur mit den sieben Prozent ist es gelungen, die explodierenden Kosten bei Energie, Lebensmitteln und Personal zumindest teilweise aufzufangen“, erklärte Guido Zöllick, seit 2016 Dehoga-Präsident. Auch für attraktive Innenstädte und lebenswerte ländliche Räume seien Restaurants, Cafés und Gasthöfe unverzichtbar, so der Geschäftsführer des Ostseehotels „Neptun“ in Warnemünde.

Aber um die verbliebenen „öffentlichen Wohnzimmer“ (Zöllick) wirklich zu erhalten, sollte auch endlich die Mehrwertsteuer für Getränke auf sieben Prozent sinken. Und warum werden für den „Big Mac“ von McDrive und die Pizza von Lieferando weiterhin nur sieben Prozent Mehrwertsteuer fällig, für den Schweinsbraten im Landgasthof ab 2024 aber wieder 19 Prozent abkassiert? Änderungen im Sinne von Bürgern und Gastwirten sind von der Ampel-Regierung natürlich nicht zu erwarten. Aber auch nicht von der Merz/Söder-Union: In ihrem „Fünf-Punkte-Plan zur Entlastung für Bürger und Unternehmen“ spielt das Gastgewerbe keine Rolle.