© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 33/23 / 11. August 2023

Studie zum Einfluß der lokalen Arbeitsmärkte auf die Erwerbstätigkeit
Nur ein neuer Trick
Fabian Schmid-Ahmad

Für Ökonomen sind knappe Ressourcen eine zentrale Frage: Wie müssen Faktoren wie Arbeitskraft oder Kapital verteilt sein, damit sie optimal zur Förderung des Gemeinwohls wirken können? An diese Allokationsfrage dürften wohl die Mitarbeiter des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Wochenbericht 31-32/23) in ihrer jüngsten Studie gedacht haben. In diesem Fall ist das seltene Gut jedoch ein qualifizierter Asylbewerber mit einem Job. Denn daß hier einiges im argen liegt, müssen auch die Berliner Wissenschaftler einräumen: „Von den Geflüchteten, die zwischen 2013 und 2016 nach Deutschland kamen, war mehr als die Hälfte (zwischen 56 und 63 Prozent) in ihrem Herkunftsland erwerbstätig.“ Tatsächlich müßte es wohl eher heißen, daß beinahe jeder zweite Neuankömmling bisher nicht durch Arbeit auffiel.

Bleibt die wenig überraschende Erkenntnis, daß erstere auch hierzulande häufiger einen Job finden. So stieg bei dieser Gruppe „die Erwerbsquote von 21 Prozent im Jahr 2017 auf 44 Prozent im Jahr 2019“ – allerdings auf niedrigem Niveau. Der deutsche Bedarf an Ungelernten hält sich in Grenzen. Oder in den verschämten Worten der DIW-Forscher: „Im Gegensatz zu den steigenden Erwerbsquoten zeigt sich, daß der Anteil derjenigen, die in ihre vorherige Berufsgruppe zurückkehren konnten, nicht in demselben Maße zugenommen hat wie die Beschäftigungsquote insgesamt.“ Ihr Anteil liegt hier deutlich unter 15 Prozent. Soweit alles Banalitäten.

Doch nun ein Trick, mit dem die Beschäftigung in der gleichen Branche wie in der Heimat als Qualitätsmerkmal herangezogen wird. „Die Auswertung der zehn häufigsten Berufshauptgruppen zeigt, daß insbesondere technische und handwerkliche sowie pflegerische und medizinische Berufe überdurchschnittliche Übereinstimmungsquoten aufweisen.“ Also eine Art Fachkräfteeinwanderung ohne Fachkräfte, bei der genommen werden muß, was da ist. Und dann die wenig überraschende Erkenntnis: „Die regionale Arbeitslosenquote beeinflußt auch die Wahrscheinlichkeit, daß Geflüchtete in Deutschland ihren im Herkunftsland ausgeübten Beruf wiedererlangen.“

Aus diesen immer noch banalen Verhältnissen bilden die DIW-Forscher nun die steile These, daß starre Verteilmechanismen der Asylbewerber wie der Königsteiner Schlüssel mit schuld an deren niedriger Beschäftigtenquote seien. „Eine Verteilung der Geflüchteten, die die Situation am lokalen Arbeitsmarkt berücksichtigt, würde ihre Erwerbschancen erleichtern und wäre auch für die Arbeitsmarktsituation vor Ort von Vorteil, weil die Kompetenzen der Zugewanderten gezielter eingesetzt werden könnten.“ Und sie rechnen in ihrer Studie scheinbar exakt vor: „Eine um einen Prozentpunkt niedrigere regionale Arbeitslosigkeit erhöht um sechs Prozent die Wahrscheinlichkeit, daß Geflüchtete in ihrem vorherigen Beruf arbeiten.“

Also alles nur eine Frage der richtigen Allokation? Natürlich Unsinn. Die wirkliche Allokation findet auf dem Weltmarkt statt. Die gut qualifizierten Auswanderungswilligen werden schon ihren Platz in der Welt finden, darunter übrigens immer mehr Deutsche. Warum Deutschland mit seinen Rekordabgaben, seiner maroden Infrastruktur und seinem ineffizienten Sozialsystem dagegen nur diejenigen anzieht, die woanders nichts werden können, erklärt sich da von selbst. Die mag man regional noch etwas herumschieben, an dem Grundproblem ändert sich nichts.