Den ganzen Tag am Privatstrand liegen, nie auf den Preis achten und nur in den besten Restaurants essen – all das könnte Magdalena Wierzycka bis zum Ende ihrer Tage machen. Doch die schwer reiche Frau hat Größeres im Sinn, sie träumt von einer besseren Welt. Deshalb kritisiert sie immer wieder die grassierende Korruption in ihrer Heimat Südafrika. Denn die einstige Hoffnung, das Land würde zum Vorbild einer multikulturellen, florierenden Regenbogennation werden, liegt längst in Trümmern. 2022 belegte diese den 72. Platz des Weltkorruptionsindexes, hinter Staaten wie dem kommunistischen Kuba oder der Erbmonarchie Saudi-Arabien. Die erfolgreiche Unternehmerin, deren Eltern den Fängen des Realsozialismus entkommen sind, will aber ihr Vaterland nicht aufgeben, sie glaubt an die Tugend der Transparenz und die Kraft des Wettbewerbs.
1969 im ostoberschlesischen Bad Königsdorff-Jastrzemb geboren, teilte sich die fünfköpfige Familie, deren jüdische Großmutter den Holocaust überlebte, eine Zweizimmerwohnung. Weil Polen aber unter einer kommunistischen Planwirtschaft litt, wanderte sie 1982 nach Österreich aus. Flüchtlingslager Traiskirchen: die Eltern mußten Gräben ausheben, um etwas zu verdienen – und das, obwohl beide Ärzte waren. Ein Jahr lang lebte die damals 13jährige so. Dann, mit nur 500 US-Dollar, zog die Familie 1983 nach Südafrika – auf in ein neues Leben!
Nach einem Mordanschlag mußte selbst Wierzycka vorsichtshalber Südafrika vorübergehend verlassen.
Vier Dekaden später ist Magdalena Wierzycka die reichste Frau Südafrikas. Das Magazin Forbes zählte sie 2020 zu den fünfzig einflußreichsten Frauen des Schwarzen Kontinents, geschätztes Vermögen: 1,1 Milliarden US-Dollar. 1993 stieg die studierte Wirtschaftswissenschaftlerin in die Finanzbranche ein. Ihr 2006 gegründetes Unternehmen Sygnia, eine Investmentgesellschaft mit den Schwerpunkten Investmentfonds und Vermögensverwaltung, ist ein monetäres Schwergewicht der „Regenbogennation“.
Doch 2017 sah sich die Unternehmerin gezwungen, das Land vorübergehend zu verlassen, weil sie sich um die Sicherheit ihrer Familie sorgte. Denn wenige Wochen zuvor hatten Whistleblower veröffentlicht, daß das Geschäftsimperium der Familie Gupta Unternehmen und Regierungsbeamte über Jahre bestochen hatte. Zwar war Wierzycka selbst nicht an den Enthüllungen beteiligt, hatte aber mehreren Informanten durch Geldspenden geholfen, das Land zu verlassen.
Daß ihre Sorge berechtigt war, zeigt ein Beispiel vom März dieses Jahres: Während einer Autofahrt wurden der Insolvenzverwalter Cloete Murray und sein Sohn Thomas erschossen. Bis heute fehlt zwar von den Tätern jede Spur, Cloete war jedoch Gründer und Chef der Firma Secheba Trust, die Unternehmen bei der Buchführung berät, aber auch Korruption bekämpft: Unter anderem beim Gupta-Imperium hatte Secheba Trust gegraben. „Es ist ein erschreckender Gedanke, daß man in Südafrika einen Auftragskiller für eine wahrscheinlich vernachlässigbare Summe anheuern kann“, klagte Wierzycka mit Blick auf den Fall.
Im südafrikanischen Podcast „The Money Show“ resümierte sie jüngst: „Wir haben Korruption, Verbrechen, Arbeitslosigkeit, Stromausfälle“, und doch sei Aufgeben keine Option für sie: „Ich möchte nicht noch einmal meine Koffer packen ... Ich bin bereit, zu kämpfen!“ Der Privatstrand und das Kobe-Rind müssen vorerst warten.