© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 33/23 / 11. August 2023

Rekrutenmangel bei der Bundeswehr
Vor allem hausgemacht
Josef Kraus

Wenn man auf Deutschland schaut, ist man hin und her gerissen zwischen Erbarmen und Zorn. Symptomatisch für den Zustand dieses bevölkerungsreichsten EU- und knapp hinter der Türkei drittgrößten Nato-Landes ist der Zustand seiner Streitkräfte. 

Nun fehlt es gar hinten und vorne an Soldaten. 20.000 Dienststellen sind seit Jahren nicht besetzt; rund siebenhundert Reservisten und Längerdienende haben seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine den Kriegsdienst verweigert. Das Ziel, von 183.000 „Mann“ Sollstärke auf 203.000 aufzustocken, ist längst pure Illusion. Das hat zwei externe und einige interne Gründe. Zu den externen Gründen gehören der Schrecken des nahen Krieges und ein Arbeitsmarkt, der genügend andere Chancen bietet. Die anderen Gründe sind hausgemacht. 

Wer möchte sich schon in einen Betrieb begeben, der mittlerweile zwar mit Work-Life-Balance wirbt, dem über Jahre hinweg zudem mindestens zwei unfähige Chefinnen vorstanden und in dem die Gerätschaften zu 50 Prozent und mehr nicht einsatzbereit sind? Das ist nichts für das eigene berufliche Ego – die „Corporate Identity“. Alles maßgeblich Ergebnis von 16 Jahren Merkel. Vor allem schlägt jetzt das populistisch inszenierte Aussetzen der Wehrpflicht im Jahr 2011 zu Buche. Damit fehlt noch mehr als zuvor ein Potential an Bewerbern, aus dem man früher Längerdienende schöpfen konnte. Es gibt nur einen Ausweg: Deutschland braucht eine allgemeine Dienstpflicht.