© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 32/23 / 04. August 2023

Filmkritik In der Nacht des 12.
Ungesühntes Verbrechen
Werner Olles

Die 21jährige Clara Royer (Lula Cotton-Frapier) ist in der Nacht des 12. Oktober 2016 auf dem Nachhauseweg von einer Party. In den stillen Gassen der Kleinstadt Saint-Jean-de-Maurienne in der Nähe von Grenoble am Fuß der französischen Alpen steht plötzlich ein Mann vor ihr, der sein Gesicht mit einer Kapuze verdeckt. Er spricht sie mit ihrem Namen an, übergießt sie mit Benzin und zündet die junge Frau an. Clara versucht zu flüchten, doch sie verbrennt bei lebendigem Leib in einer Parkanlage.

Zur gleichen Zeit übernimmt der Polizeikommissar Yohan Vivès (Bastien Bouillon) die Leitung der Mordkommission bei der örtlichen Kriminalpolizei. Seine Ermittlungen führen ihn mit seinem älteren Kollegen Marceau (Bouli Lanners) in die Nachbargemeinde. Schockiert über den grausamen Mord an Clara überbringen sie den Eltern die Nachricht vom Tod ihrer Tochter. 

Die weiteren Ermittlungen verlaufen schleppend. Ihre beste Freundin Nanie erzählt, daß Clara zahlreiche Männerbekanntschaften hatte. Ihr Liebhaber Wesley ist zwar ein polizeibekannter Straftäter, der auch vor Gewalt gegenFrauen nicht zurückschreckt, doch die Lehrerin, mit der er zusammenlebt, gibt ihm für die betreffende Nacht ein Alibi. Auch Claras Trainer Jules, mit dem sie ebenfalls ein Verhältnis hatte, erweist sich als unschuldig. Alle Spuren verlaufen im Sande.

Drei Jahre später nimmt eine neue Ermittlungsrichterin den Fall wieder auf. Eine Spur führ Yohan und seine junge Kollegin Nadia (Mouna Soualem) zu einem Mann, der durch sein Verhalten die Aufmerksamkeit der Beamten erregt. Sein Verhör ergibt jedoch, daß er nicht der Täter sein kann, da er zur Tatzeit Patient in einer geschlossenen psychiatrischen Klinik war.

Dominik Molls Kriminal-Drama „In der Nacht des 12.“ („La nuit du 12“, 2022) erzählt die dokumentarisch-fiktive Geschichte eines Polizisten, der den Mord an einer jungen Frau aufklären will, aber schließlich erkennen muß, daß seine akribischen Ermittlungen erfolglos sind. Spannungsvoll und exzellent inszeniert, überzeugt der Film als klassischer Thriller, läßt sich aber genügend Zeit, um die aufreibenden Recherchen der Ermittler mit der dramatischen Handlung zu verbinden. Der mit zahlreichen Preisen ausgezeichnete Film kam beim Publikum nicht gut an, weil der grausame Mord ungesühnt bleibt und er somit die Erwartungshaltung der Zuschauer nicht erfüllt.

DVD: In der Nacht des 12. Ascot Elite 2023, Laufzeit etwa.109 Minuten