Aus den „skandalösen Ergebnissen“ der jüngsten Internationalen Grundschul-Lese-Untersuchung (IGLU 2021) folgert die im Vorstand der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sitzende Lehrerin Anja Bensinger-Stolze, daß Deutschland auf „ein gigantisches gesellschaftliches Problem“ zusteuere und sein auf Verschleiß fahrendes Bildungssystem früher oder später kollabieren werde. Denn dem Viertel der jungen Menschen, das laut dieser Studie am Ende der Grundschulzeit nicht richtig lesen kann, fehle die wichtigste Grundlage aller Berufs-, Lebens- und Teilhabechancen (Blätter für deutsche und internationale Politik, 7/2023). Die wahre Brisanz dieser Studie erschließt sich für Bensinger-Stolze aber erst in Verbindung mit dem IQB-Bildungstrend vom Oktober 2022, der seit 2011 für Viertklässler beim Lesen, Zuhören, in der Orthographie und in der Mathematik „signifikant negative Trends“ ausweise, sowie der im März 2023 erschienenen bildungsstatistischen Analyse von Klaus Klemm über jene knapp 50.000 Jugendlichen, die seit 2011 alljährlich die Hauptschule ohne Abschluß verlassen haben. Hinzu komme, daß das gesamte Bildungssystem der Bundesrepublik seit Jahrzehnten „dramatisch unterfinanziert“ sei und ein „riesiger Personalmangel“ keine Aussicht biete, in den durch Masseneinwanderung zunehmend „bunteren“ Schulklassen sozial bedingte Bildungsungerechtigkeiten abzubauen. Zumal die Ampel-Koalition noch gar nicht ins von ihr proklamierte „Jahrzehnt der Bildungschancen“ gestartet sei, weil sie das von der GEW geforderte 100 Milliarden Euro teure „Sondervermögen Bildung“ bisher nicht bewilligt habe.