Das politische Berlin ruht, es sind Parlamentsferien. Erst Anfang September steht die nächste Sitzungswoche an. Doch wer meint, nun dämmere der Bundestag in einer Art Sommerschlaf vor sich hin, der irrt. Zwar geht es auf den Fluren und in den Gängen zwischen den Gebäuden deutlich ruhiger zu als sonst; die große Mitarbeiterkantine ist geschlossen, dennoch findet man im Restaurant des Paul-Löbe-Hauses – dem sogenannten „Lampenladen“ – ohne Probleme zur Mittagszeit einen Tisch mit Blick auf die Spree samt vorbeituckernder Touristendampfer.
Aber auch ohne Politiker wird hart gearbeitet; Spötter meinen, nun vielleicht sogar mehr, als wenn die Damen und Herren Volkvertreter anwesend wären. In gewissem Sinne ist das jenseits aller Polemik durchaus richtig. Tatsächlich können derzeit Arbeiten vorgenommen werden, die dringend notwendig, im laufenden parlamentarischen Betrieb allerdings unmöglich zu bewerkstelligen sind. Das betrifft weniger die Reinigung der gläsernen Fahrstuhlschächte oder die Verlegung neuer Teppiche.
Wesentlich aufwendiger sind etwa die umfangreichen Instandhaltungsarbeiten an der zentralen Stromversorgungsanlage. Denn dafür müssen die Techniker in den wesentlichen Liegenschaften des Bundestags, darunter im Reichstagsgebäude, den Bürogebäuden, sogar im Kindergarten des Bundestags den Strom komplett abschalten. So geschehen am vergangenen Wochenende. Ab Freitag abend durfte sich niemand mehr in der Herzkammer der Legislative aufhalten; schon vorab hieß es, die Bundestagspolizei werde durch die Flure patrouillieren, um nachzuschauen, daß sich niemand mehr in den Büros aufhält. Erst am Montag um acht Uhr morgens konnten die Mitarbeiter die Gebäude wieder betreten.
Die Verwaltung vergaß auch nicht, darauf hinzuweisen, daß vom Aus der Energieversorgung die Kühlschränke in den Teeküchen betroffen sind und daß das Auswirkungen auf verderbliche Lebensmittel haben könnte. Betroffen von diesem bewußt herbeigeführten Stromausfall waren aber nicht nur die Büros in Berlin. Denn auch vom Wahlkreis aus oder mit ihren Mobilgeräten konnten die Abgeordneten oder Mitarbeiter in dieser Zeit „sämtliche Informationstechnik des Bundestags“ nicht nutzen. Und es bleibt nicht bei diesem einen Mal. Mitte August wird es zu einer erneuten kompletten Stromabschaltung kommen.
Unterdessen schreiten rund um den Reichstag die Bauarbeiten voran. Entlang der Dorotheen- und der Scheidemannstraße werden dicke Poller in einem tiefen Betonfundament nebeneinander gereiht. Sie sollen verhindern, daß ein mit Sprengstoff beladener Lastwagen das Plenargebäude treffen kann. Dem gleichen Zweck soll der Graben dienen, den man derzeit vor dem Nordportal („Dem deutschen Volke“) zieht. Dort wird zudem gerade ein Tunnel gebohrt, über den Touristen vom künftigen Besucherzentrum in den Bundestag gelangen sollen. Der Lärm der dabei eingesetzten Vibrationsramme bleibt den abwesenden Abgeordneten erspart.