© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 30-31/23 / 21. Juli 2023

Linksliberale gegen die Rede vom singulären Holocaust
Zeitenwende des Erinnerns

Für Rolf Surmann, Hobby-Historiker für die grüne Heinrich-Böll-Stiftung, ist es immer noch ein „Skandal“, daß das EU-Parlament 2009 einen „Europäischen Tag des Gedenkens an die Opfer von Stalinismus und Nationalsozialismus“ einführte (Konkret, 7/2023). Ein solcher „Geschichtsrevisionismus“ sei aber erst der Auftakt für weitere „Relativierungen“ der deutschen Schuld am Holocaust gewesen. Diese fanden im jüngsten Beschluß des Bundestages einen Höhepunkt, „die Hungersnot der 30er Jahre in verschiedenen Sowjetrepubliken“ im Sinne der ukrainischen Deutung als Genozid einzustufen. Eine noch gefährlichere „Trivialisierung des Holocaust“ kommt für Surmann aber aus dem linksliberalen Milieu. So habe sich die seit 2000 das Potsdamer Einstein-Forum leitende US-Moralphilosophin Susan Neiman, selbst jüdischer Herkunft, als Sprecherin jener Kräfte profiliert, die sich gegen das veraltete „generationelle Narrativ“ von der „Singularität des Holocaust“ stellen, weil es den gemeinsam mit Anklägern der „weißen Kolonialschuld“ und der „Black Lives Matter“-Bewegung ausgefochtenen „Kampf gegen Rassismus und für gesellschaftlichen Fortschritt“ belaste. Sollte dieses Geschichtsverständnis sich durchsetzen, warnt Surmann, „haben wir es tatsächlich mit einer grundsätzlichen ideologischen Wende zu tun“. (ob)


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