© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 30-31/23 / 21. Juli 2023

Meldungen

Gericht stellt Schutz von Informanten in Frage 

BERLIN. Das Landgericht Berlin hat einen Unterlassungsantrag von Ex-Bild-Chef Julian Reichelt gegen den Verleger der Berliner Zeitung, Holger Friedrich, zurückgewiesen. Die Richter stellten dabei fest, Reichelt habe keinen Anspruch auf Informantenschutz. Das bereits Anfang Juni ergangene Urteil sorgt nun für Unruhe in der Medienbranche. So schreibt beispielsweise die FAZ von „einem Hammer“, der „den für den Journalismus essentiellen Quellen- und Informantenschutz auflöst“. Nach seinem Rauswurf bei Springer im Herbst 2021 wegen umstrittener Machtmißbrauchsvorwürfe hatte Reichelt die Berliner Zeitung kontaktiert und ihr Informationen angeboten. Dabei soll es sich um ihn entlastende Chatvorläufe gehandelt haben. Doch die Berliner Zeitung berichtete nicht darüber. Stattdessen verriet Verleger Friedrich den Informanten Reichelt bei dessen ehemaligem Arbeitgeber. Mit juristischen Folgen: Reichelt hat nur Anspruch auf eine zwei Millionen Euro hohe Abfindung, wenn er sich an eine unterschriebene Verschwiegenheitsklausel hält. Diese sieht Springer als gebrochen an. Wie die Zeit berichtet, soll allerdings Holger Friedrich Julian Reichelt als Erster kontaktiert haben. Demnach soll Friedrich Ende Oktober 2021 Reichelt geschrieben haben, er empfinde es als „wenig fair, wie mit dir umgegangen wird. … Falls es Momente gibt, in denen du nicht weißt, wen du anrufen sollst oder ein ruhiges Essen und eine gute Flasche Wein brauchst, kannst du dich gerne melden.“ Als Reichelt dieses Angebot annehmen wollte, soll Friedrich demnach nur noch an seinen Chefredakteur Tomasz Kurianowicz verwiesen haben, dem Reichelt einige Screenshots schickte. Wenige Tage später soll Friedrich dann Springers Chefjuristen Konrad Wartenberg informiert haben, Reichelt habe ihm „interne Kommunikationen von Mitgliedern der oberen Leitungsebene im Vorstand oder von Stabsfunktionen“ zukommen lassen. (gb) Kommentar Seite 2





RBB beendet interne Compliance-Untersuchung

BERLIN. Der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) hat die Compliance-Untersuchung des Skandals um die entlassene Ex-Intendantin Patricia Schlesinger gestoppt und die Zusammenarbeit mit der Anwaltskanzlei Lutz Abel beendet. Die bisher anfallenden Aufwendungen für die Anwälte betragen 1,63 Millionen Euro, wobei die Rechnungen für Mai und Juni noch ausstehen. „Angesichts der parallelen Untersuchungen von Landesrechnungshöfen, Staatsanwaltschaft und interner Revision, der inzwischen vergangenen Zeit und der enormen Kosten halten wir eine Fortsetzung der Untersuchung jedoch für nicht vertretbar“, begründete der RBB-Verwaltungsratsvorsitzender Benjamin Ehlers, die plötzliche Beendigung der Kooperation. Die hohen Kosten stehen in der Kritik, da die Auftragsvergabe 2022 nicht ausgeschrieben und der Auftrag ohne zeitlichen Rahmen und finanzielle Deckelung erteilt wurde. (gb)



Aufgelesen

„Denkbar ist, daß wir bei einigen neuen Formaten Stimmen einsetzen, die wir digital herstellen.“ dpa-Chef­redakteur Sven Gösmann