© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 29/23 / 14. Juli 2023

Meldungen

Kirchen und Lebensrechtler zur Suizidbeihilfe 

BERLIN. Nach dem Scheitern der beiden Gesetzentwürfe zur Neuregelung der Suizidbeihilfe im Bundestag haben Vertreter von Kirchen und Lebensschutzorganisationen zu einer Denkpause geraten. Bei der Abstimmung im Parlament am 6. Juni erreichte weder der liberale Entwurf einer Gruppe um die Abgeordneten Katrin Helling-Plahr (FDP) und Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) noch der strengere Entwurf einer Gruppe um die Abgeordneten Lars Castellucci (SPD) und Ansgar Heveling (CDU) die nötige Mehrheit. Die Vorsitzende der Aktion Lebensrecht für Alle (ALfA), Cornelia Kaminski, begrüßte das Ergebnis der Abstimmungen. Mit ihm sei der Versuch gescheitert, „im Schnellverfahren in Deutschland die radikalste Regelung zum assistierten Suizid weltweit zu schaffen“. Beide Gesetzentwürfe hätten dermaßen viele Ungereimtheiten enthalten, daß ihre Ablehnung folgerichtig gewesen sei. Die Bundestagsabgeordneten sollten jetzt die parlamentarische Sommerpause bis Ende August nutzen, um sich intensiv mit dem Thema zu beschäftigen. Dabei sollten sie bedenken, daß jedes menschliche Leben schützenswert sei. „Nicht die Hilfestellung zum Suizid, sondern die Unterstützung bei der Entwicklung von Lebensperspektiven ist dringend geboten.“ Die EKD-Ratsvorsitzende, Präses Annette Kurschus, betonte in ihrer Stellungnahme, einer gesetzlichen Regelung der Suizidassistenz bedürfe es weiterhin. Nach der Nichtentscheidung des Bundestages bestehe jetzt die Chance, im kommenden Jahr einen neuen Entwurf vorzulegen, der die Bedenken gegen die aktuell vorliegenden Gesetzentwürfe ausräume. Weiter sagte Kurschus, der Fokus von Staat und Gesellschaft müsse auf einem konsequenten Ausbau der Suizidprävention, der Palliativmedizin und der Palliativpflege liegen. Auch der Präsident der Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie, sprach von einer „Chance, um zu überzeugenderen Lösungen zu kommen“. Beide Entwürfe hätten wichtige ethische und praktische Fragen offengelassen. „Wir sollten in Ruhe weiter diskutieren, was Menschen mit Sterbewunsch gerecht wird, ohne daß der assistierte Suizid zur Normalität wird“, erklärte Lilie. Der Ausbau von Suizidprävention und Palliativversorgung müsse dagegen zügig angegangen werden. Der Vorstandsvorsitzende der katholischen Hilfsorganisation Malteser Hilfsdienst, Elmar Pankau, kritisierte, daß Deutschland nach der Abstimmung weiterhin die weltweit liberalste Regelung der Suizidbeihilfe habe. „Wir bewegen uns einen großen Schritt weiter auf dem abschüssigen Pfad zu einer Normalisierung der Sterbehilfe”, warnte Pankau. (idea/JF)





„Woche für das Leben“: Landeskirche kritisiert EKD 

STUTTGART. Auf der Landessynode der Evangelischen Landeskirche in Württemberg in Stuttgart ist am vergangenen Wochenende Kritik an dem Ausstieg der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) aus der „Woche für das Leben“ laut geworden. Hintergrund: Die EKD hatte am 29. Juni erklärt, sich ab 2025 nicht mehr an der ökumenischen Themenwoche zu beteiligen. Die jährliche Aktion habe zuletzt zu wenig mediale und gesellschaftliche Resonanz gefunden. Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl (60) wies darauf hin, daß er und die badische Landesbischöfin Heike Springhart vom Beschluß der EKD „eiskalt erwischt“ worden seien. Man habe bereits besprochen, daß die beiden Landeskirchen sich zukünftig auf Landesebene an der „Woche für das Leben“ beteiligen wollten, wenn es auf Bundesebene keine Mitarbeit der EKD mehr gebe. Die württembergischen Landessynodalen befaßten sich im Rahmen einer Aktuellen Stunde außerdem mit der Suizidbeihilfe. Anlaß war das Scheitern zweier Gesetzentwürfe zur Regelung des assistierten Suizids am 6. Juli im Bundestag. Die Vorstandsvorsitzende des Diakonischen Werks Württemberg, Oberkirchenrätin Annette Noller (61), erklärte, daß ihre Organisation beide Gesetzentwürfe ablehne. Die Diakonie wolle nicht Teil einer „Beratungsarchitektur“ werden, in der Menschen ein Schein ausgestellt werde, damit diese später Suizidbeihilfe in Anspruch nehmen könnten. Die vordringlichste Aufgabe bestehe darin, Menschen aus Krisen herauszuhelfen. Jedoch gebe es ein „sehr schmales Fenster“, in dessen Rahmen man sich in der Diakonie die Zulassung einer geschäftsmäßig geförderten assistierten Suizidassistenz vorstellen könne. Das sei der Fall bei Menschen, die sich in einer „sehr schweren Leidenssituation“ befänden. Im Gegensatz zu allen anderen Landeskirchen werden die württembergischen Synodalen per Urwahl direkt von den Kirchenmitgliedern gewählt. Die württembergische Landeskirche hat 1,82 Millionen Mitglieder in rund 1.170 Kirchengemeinden. Sie ist die fünftgrößte der 20 EKD-Gliedkirchen. (idea/JF)

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