© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 29/23 / 14. Juli 2023

Abflug der Woche
Pöbeln für die Karriere
Vincent Steinkohl

Bismarck wußte: „Auf Kampf besteht das Leben in der ganzen Natur.“ Das dachte sich wohl auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Schrodi, als er am 7. Juli zur Arbeit ging. Tags zuvor war das Heizungsgesetz vom Verfassungsgericht zwangsverschoben worden. Weil die Abgeordneten nicht so schnell Hunderte Seiten lesen könnten, sei eine gewissenhafte Abstimmung nicht möglich. Die Union nutzte das, um am Folgetag einen Eilantrag zu der Sache einzubringen. Wirtschaftsminister Habeck (Grüne) war an diesem Tag nicht zugegen, er habe einen „Termin im Bundesrat“, die Union wollte ihn herbeizitieren. Darüber entscheidet das Präsidium. Da sitzen Angehörige von Regierung und Opposition, Entscheidungen müssen einstimmig sein. Weil das nicht gegeben war, kam es zum sogenannten Hammelsprung. Alle Abgeordneten mußten raus aus dem Saal und danach durch Sondereingänge wieder rein, die für das Abstimmungsverhalten stehen. Hier kam der große Auftritt des sonst eher blassen Michael Schrodi. In bester Rüpel-Manier nannte er einen CDU-Politiker „Wichser“ und warf Oppositionschef Friedrich Merz vor, mit den „Faschisten von der AfD“ zu paktieren. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas verpaßte ihrem Parteigenossen deshalb einen Ordnungsruf und eine Strafe von 1.000 Euro. Schrodi hat sich inzwischen halbherzig entschuldigt. „Die Form war natürlich nicht richtig.“ Doch nicht ohne anzumerken, „im Wahlkreis  viel Zustimmung erhalten“ zu haben. Bei der nächsten Bundestagswahl droht ihm die Verbannung auf einen hinteren Listenplatz, in seinem CSU-dominierten bayerischen Wahlkreis ein fast sicheres Ausscheiden. Seine Chance: Die Konkurrenz, den SPD-Bezirksvorsitzenden von Oberbayern, Florian Ritter, im Kampf gegen Rechts überflügeln. Ein hohes Tier der bayerischen SPD sagte der Bild-Zeitung: „Schrodi braucht die Unterstützung der Jusos.“