Die Ausschreitungen am vergangenen Wochenende in Gießen (siehe unten) könnten ein Vorgeschmack darauf gewesen sein, was in den kommenden Jahren auf Deutschland zukommen könnte.
Bereits seit den bürgerkriegsähnlichen Zuständen Ende Juni in Frankreich, wird diskutiert, wie die deutsche Polizei für solche Szenarien gerüstet ist.
Rückgrat bei der Bekämpfung einer Bedrohung des inneren Friedens in Deutschland wäre die Bereitschaftspolizei von Bund und Ländern.
Die Länder haben insgesamt mehr als 16.400 Bereitschaftspolizisten. Dazu kommen die Einheiten der Bundespolizei, die über rund 45.000
Polizeivollzugsbeamte verfügt, von denen aber nicht alle in den Einheiten der Bereitschaftspolizei dienen.
In Ausnahmefällen könnte die Bundeswehr aushelfen
Dafür, daß im Ernstfall die Zusammenarbeit der 17 unterschiedlichen Behörden unterstehenden Polizeieinheiten klappt und die Einheitlichkeit von Taktik und Ausrüstung gewährleistet ist, soll der beim Bundesinnenministerium in der Abteilung Bundespolizei angesiedelte Inspekteur der Bereitschaftspolizeien der Länder sorgen.
Der Staat könnte also im Falle schwerer Unruhen Zehntausende Polizisten auf die Straßen bringen, die bestens ausgerüstet und ausgebildet sind und neben Wasserwerfern auch über gepanzerte Fahrzeuge verfügen, wie etwa das von MAN und Rheinmetall entwickelte gepanzerte Transportfahrzeug Survivor R, das seit 2016 mit Blick auf mögliche terroristische Bedrohungen zunächst in geringer Stückzahl von einigen Bundesländern gekauft wurde. Ende 2021 bestellte das
Bundesinnenministerium schließlich 55 Exemplare bei Rheinmetall.
Bei einer Eskalation wäre auch die Unterstützung der Polizei durch die Bundeswehr möglich. Allerdings hat das Grundgesetz hierfür hohe Hürden errichtet. Der Einsatz der Streitkräfte im Inneren bei einem sogenannten inneren Notstand ist im Artikel 87a Absatz 4 des Grundgesetzes geregelt. Demnach kann die Regierung die Bundeswehr zur Unterstützung einsetzen, wenn die Polizei alleine dazu nicht mehr in der Lage ist.
Dann könnten die Streitkräfte zur Unterstützung beim Schutz von zivilen Objekten und bei der Bekämpfung organisierter und bewaffneter Aufständischer eingesetzt werden. Der niederschwelligste Einsatz wäre in diesem Fall der Einsatz von sogenannten „Crowd and Riot Control-Einheiten“ der Feldjäger, die für die Kontrolle von Menschenmengen und Ausschreitungen geschult sind.
Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Rainer Wendt hält fanzösische Zustände für unwahrscheinlich, da die sozialen Verwerfungen im Nachbarland größer seien und die hiesige Polizei für den Ernstfall gut gerüstet sei. „Die Bereitschaftspolizei in Deutschland ist die beste, die unser Land je hatte. Ausbildungsstand und Ausrüstung sind auf einem modernen Stand, insbesondere die Schutzausstattung hat sich dramatisch verbessert, darauf haben wir als Deutsche Polizeigewerkschaft immer bestanden und die Politik ist dem auch gefolgt“, sagte er der JUNGEN FREIHEIT.
Mit Wasserwerfern könnten Störer auf Distanz gehalten werden und mit Hilfe guter Videotechnik sei die Bereitschaftspolizei in der Lage, beweiskräftige Aufnahmen zu machen, die oft vor Gericht anerkannt würden. Dennoch fordert Wendt weitere Verbesserungen: „Die dramatisch veränderte Einsatzlage bedingt, daß neue Einheiten aufgestellt und ausgerüstet werden. Bandenkriege, Terroranschläge und die Gefährdung unserer Infrastruktur wird uns künftig vor größere Herausforderungen stellen.“ Den Vergleich mit der Exekutive jenseits des Rheins müsse man nicht fürchten: „Die Polizei in Deutschland ist nicht weniger wirkungsvoll als die französische Polizei, sie ist sehr gut ausgebildet und schlagkräftig, wenn auch ohne militärische Tradition, auf die wir auch in Zukunft verzichten wollen, ohne unseren Soldatinnen und Soldaten zu nahe zu treten. Wir führen keinen Krieg im Inland, wir bewältigen Einsatzlagen und gehen gegen Rechtsbrecher vor. Dabei soll es auch bleiben“, betonte Wendt.
Weniger optimistisch sieht der ehemalige Polizist und Innenexperte der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag, Martin Hess, die Lage. „Ähnlichen massiven Ausschreitungen wie in Frankreich, die sich dadurch auszeichnen, daß sie in mehreren Metropolen gleichzeitig mit exorbitant hoher Aggression stattfinden, könnte auch die deutsche Polizei in Deutschland nur bedingt entgegentreten“, sagte er der JF. Als Gründe nannte er unter anderem den seit Jahren bestehenden Personalmangel bei der Polizei.
Hess betonte zudem, daß sich die Arbeit für die Beamten als Folge der Migrationspolitik drastisch verändert habe. Die Polizei habe es immer häufiger mit Gewalttätern zu tun, die aufgrund ihrer Sozialisation wesentlich brutaler agierten und auch sehr häufig Messer oder andere gefährliche Gegenstände einsetzten. „Wir sehen häufig Situationen, in denen selbst mehrere Polizeibeamte mit der Festnahme eines aggressiven Gewalttäters überfordert sind bzw. diese nicht adäquat durchführen können. Die Polizei wird als schwach und unentschlossen wahrgenommen. Dies führt bei der genannten Täterklientel zu einem massiven Verlust an Respekt vor der Polizei mit allen sich daraus ergebenden negativen Folgen“, warnte Hess. „Die Polizei muß daher zu wesentlich robusterem Zwangsmitteleinsatz befähigt werden, um einerseits gegen Gewalttäter effektiver vorgehen und damit die Gefährdung der eingesetzten Kräfte minimieren sowie die öffentliche Sicherheit schneller wiederherstellen zu können.“