Wir treffen uns in einer Gaststätte. Peter freut sich auf die in der Karte entdeckte Bratwurst. Er berichtet, wie er unlängst in einem Weinlokal von einer jungen Frau angesprochen wurde. Unter anderen Umständen wäre das für ihn als Rentner und Oldie unserer Runde schmeichelhaft gewesen. Doch sie fragte: „Essen sie eigentlich noch Fleisch?“ Als Peter bejahte, hatte sie sich zu ihrer Freundin gedreht und geäußert: „Siehst du, ich hatte recht. Das ist noch so bei der alten Generation.“
Nun kann Peter seine Bratwurst ungestört bestellen. Ich nehme hingegen den Matjes-Hering, Friedrich das Schnitzel. Hinter uns sitzen vier Damen, die sich ausschließlich über Essen unterhalten. Ich drehe mich um. Es sind alte Semester. Also womöglich noch nicht vegan.
„Na ihr zwei, geht’s nachher noch ins ‘Pink’?“, fragt der Kellner.
Als ich kürzlich dort speiste, war die Szenerie ähnlich. Am Nebentisch wurde die gesamte Zeit nur über Speisen gesprochen. Hier gäbe es einen tollen Bio-Supermarkt, dort gäbe es leckere vegane Gerichte. Und das über zwei Stunden. Damals drehte ich mich um und erblickte eine Gruppe junger Frauen um die 30 Jahre. Ich war in Versuchung, im Gehen zu sagen: „Ladies, Essen ist der Sex des Alters. Ihr seid noch zu jung dafür.“
Womöglich wären sie nicht empört gewesen, wenn sie es als südländischen Charme hätten interpretieren können. Ich erinnere mich, wie ein Mädchen mit Migrationshintergrund vor einigen Jahren in einer Bar fragte, welcher Landsmann ich sei. Sie tippte auf Türke. Aber auch Italiener war in der Auswahl. Daß ich Deutscher bin, nahm sie mir kaum ab.
Die Bratwurst, der Matjes, das Schnitzel kommen. Da berichtet Friedrich, wie unlängst in einem Café der Kellner zwinkernd zu ihm und seinem minderjährigen Begleiter sagte: „Na ihr zwei, geht’s nachher noch ins ‘Pink’?“ Friedrich googelte: Ein Schwulenclub. „Entschuldigung, aber das ist mein Sohn“, entgegnete er dem Kellner. Wer aber erwartet heute noch Fleischesser, Biodeutsche oder heteronormative Väter in hippen Cafés?