© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 28/23 / 07. Juli 2023

Propaganda funktioniert
Warum, fragt ein Symposium zur „manipulierten Gesellschaft“ und gibt einige Antworten
Konrad Adam

Der Zeitpunkt erwies sich als Glücksfall. Als Hedwig von Beverfoerde, die unerschrockene Anwältin für Kinder, Frauen und Familie, als Datum für ein Symposium über die Wirksamkeit von Propaganda den 1. Juli wählte,  konnte sie noch nicht wissen, daß auch der Bundeskanzler seinen Beitrag leisten würde. So kam es aber, denn am selben Tag begann in Berlin die Serie der sogenannten Sommerinterviews, langatmiger Veranstaltungen, in denen Journalisten Politiker und Politiker Journalisten alles das sagen lassen, was sie schon hundertmal gesagt haben, aber nicht oft genug wiederholen können. Scholz kam als erster an die Reihe und gab auf seine Weise zu erkennen, wie Propaganda funktioniert. Sie funktioniert durch Wiederholung, endlose Wiederholung.

Propaganda, hat man gesagt, sei die politische Spielart von Reklame. So wie die kommerzielle Werbung den Verbraucher dazu verführen will, etwas zu kaufen, was er nicht braucht, will die Propaganda den Bürger dazu überreden, jemanden zu wählen, den er nicht kennt. Propaganda – das Wort entstammt nicht zufällig dem kirchlichen Milieu – hat nichts mit Aufklärung zu tun; sie appelliert an das Gefühl und an den Glauben. Glaube macht stark, denn wenn der Gläubige auch keine Berge versetzen kann, so kann er doch Berge dorthin setzen, wo keine sind. Er kann sich einbilden, daß er mit seinem Veggie-day das Klima rettet, daß der Verfassungsschutz die Verfassung schützt und daß Claudia Roth eine Frau ist, die etwas von Kultur versteht.

Die Rechtsprechung spielt eine entscheidende Rolle

Bild, BamS und Glotze brauche er, um in der Öffentlichkeit gut dazustehen, hatte Gerhard Schröder seinerzeit erklärt. Das gilt nicht mehr, denn Bild und BamS sind notleidend geworden, ihre Auflage sinkt genauso stark wie die der früher so genannten Qualitätszeitungen. Die Glotze, besser gesagt: die beiden Glotzen des öffentlich-rechtlichen Medienkartells sind sehr viel besser dran. Hochsubventioniert durch eine zweckgebundene Steuer, den Rundfunkbeitrag, dominieren ARD und ZDF das Mediengeschehen; der Rest macht mit, weil es leichter ist, mit als gegen den Strom 

zu schwimmen. Gemeinsam produzieren sie die große Langeweile, die zweite Antwort auf die Frage, warum Propaganda wirkt. Sie wirkt, weil alle dasselbe sagen und keiner widerspricht.

Ralf Schuler, früher Märkische Allgemeine, danach Bild, inzwischen bei Julian Reichelts Rome Medien und bei Youtube mit seiner Sendung „Schuler! Fragen, was ist“, widerspricht trotzdem. Auf dem Symposion in Hanau beschrieb er die politische Szene als eine Art von Kreislaufwirtschaft. Irgendeine der vielen NGOs, die sich im Schatten der Regierung angesiedelt haben, legt eine Expertise vor, für die sich das zuständige Ministerium mit einer Millionenzuweisung bedankt. Unter dem Geldsegen verwandelt sich die Nichtregierungs- in eine Regierungsorganisation, die sich beeilt, die nächsten Expertisen nachzuschieben, und so immer weiter: eine moderne Form der Vettern- und Cousinen-Wirtschaft, die das geplante Demokratieförderungsgesetz auf eine legale Grundlage stellen soll.

Der Sitz der Macht hat sich verschoben. Die Bürger haben das verstanden und trauen dem Journalismus inzwischen mehr zu als der Politik. Entscheidend war die Rechtsprechung, die ein allmächtiges Kartell entstehen ließ, das neben den Preisen auch den Absatz garantiert. Einer der Väter des Kartells, der frühere Verfassungsrichter Paul Kirchhof, hat den Rundfunkbeitrag mit der Kurtaxe verglichen, die ja auch dann fällig werde, wenn man den Kurpark gar nicht erst betritt. Daß man es vorzieht, dem Kurort fernzubleiben, weil man den Kurbetrieb nicht mag, den Kurpark langweilig und Kurkonzerte scheußlich findet, ist in Paul Kichhofs eigennütziger Rechnung nicht vorgesehen. Er will uns auch für solche Angebote zahlen lassen, die wir nicht einmal angeboten haben wollen, weil wir sie kennen.  

Eine weitere Antwort auf die Frage, warum Propaganda wirkt, kam von der Publizistin Gabriele Kuby, konservativ geworden als Tochter eines allzu fortschrittlichen Vaters. Sie erinnerte an das eherne Gesetz der Politik, die Unterscheidung von Freund und Feind, und die feindselige Art, in der die staatlich privilegierte Medienindustrie diesen Unterschied ausbeutet. Der Mensch ist gut, sagen die Mitglieder des Kartells, doch der Populist ist  böse. Deswegen müssen wir ihn bekämpfen, und das tun wir, indem wir Propaganda gegen ihn betreiben. Hinter der Propaganda muß immer ein scharfes Schwert stehen, das wußte schon Joseph Goebbels. Seine Nachfolger wissen das auch.