Frankreich, 1935. Die Geschäfte laufen schlecht für die mittelmäßige Schauspielerin Madeleine Verdier (Nadia Tereszkiewicz) und ihre Mitbewohnerin Pauline Mauléon (Rebecca Marder), eine ebenfalls nur mäßig erfolgreiche Anwältin. Fünf Monatsmieten sind die beiden jungen Damen, die sich in Paris aus Kostenersparnisgründen eine Wohnung teilen, im Rückstand. Lange wird ihr erboster Vermieter sich nicht mehr vertrösten lassen.
Daß Madeleine sich gerade mit ihrem zudringlichen Produzenten überworfen hat, kommt da zur Unzeit. Auch in der Liebe hängt der Himmel nicht mehr voller Geigen, seit ihr Liebhaber, der Millionenerbe André (Édouard Sulpice), der attraktiven Aktrice ein unmoralisches Angebot unterbreitet hat, das Madeleine gehörig an seiner Redlichkeit zweifeln läßt.
Im Unterhaltungsgeschäft gilt nur eine Währung: Prominenz
Es muß also etwas geschehen. Und es geschieht auch etwas: Der windige Produzent wird erschossen aufgefunden, und Madeleine, die ihn zuletzt lebend gesehen hat, gerät unter Mordverdacht. Das passende Motiv hat sie auch. Der werte Herr hat sich bei ihr nämlich mit leeren Versprechungen und Harvey-Weinstein-Allüren unbeliebt gemacht. Nur anfangs ist Madeleine entrüstet über die Vorwürfe, die ihr der überambitionierte Untersuchungsrichter Rabusset (Fabrice Luchini) macht, der auf eine schnelle, medienwirksame Aburteilung der Tatverdächtigen hofft. Dann macht die Nachwuchsdarstellerin sich klar, was sie vom Leben erwartet, nämlich: „Erfolg, Geld, Aufmerksamkeit“, und daß ihr all das als Lohn winkt, wenn sie vor Gericht ihr Schauspieltalent richtig einsetzt. Im Unterhaltungsgeschäft gilt bekanntlich nur eine Währung: Prominenz. Flugs bekennt sie sich schuldig, stellt das Verbrechen als einen Fall von Notwehr dar und läßt sich von ihrer gewitzten WG-Partnerin verteidigen, die auf diese Weise ebenfalls von einem Popularitätszuwachs profitiert.
Die Rechnung geht auf: Die charmante Blondine wird freigesprochen, avanciert zum Medienliebling und Publikumsmagneten und kann sich auf einmal vor lukrativen Rollenangeboten gar nicht mehr retten. Doch dann erscheint unvermittelt eine unbequeme Gegenspielerin auf der Bildfläche und droht alles zu vermasseln: Odette Chaumette (Isabelle Huppert). Die schrille Schauspielerin, die ihren Zenit längst überschritten hat, beklagt sich, Madeleine habe ihr ihren Mord „gestohlen“. Der Ruhm, in dem sie sich sonnt, stehe eigentlich ihr zu, findet Odette. Madeleine ist für sie eine Rivalin an der Aufmerksamkeitsbörse. Resolut stolziert die selbstbewußte Selbstdarstellerin zum Untersuchungsrichter. Der allerdings ist an Odettes Geständnis nicht sonderlich interessiert …
„Mein fabelhaftes Verbrechen“ ist eine Komödie, wie sie Molière nicht besser hätte ersinnen können: voller skurriler Charaktere, verblüffender Enthüllungen und unwahrscheinlicher Wendungen. Der Film basiert auch auf einem Theaterstück: „Mon crime“ von Georges Berr und Louis Verneuil. Für die Drehbuchadaption sorgte Regisseur François Ozon selbst. Isabelle Huppert gehörte schon bei dessen umjubelter Kriminalkomödie „8 Frauen“ (2002), die ebenfalls vor Dialogwitz funkelte, zum Ensemble und hatte auch diesmal sichtlich Spaß an ihrer Rolle als Zicke.
Die augenzwinkernden Anspielungen auf die Gleichstellungs-, Queer- und natürlich vor allem auf die #Metoo-Debatte, die in Frankreich, dem Herkunftsland der Jakobiner und des Fallbeils, ein wenig entspannter geführt wurde als im angelsächsischen Raum, bleiben für alle, die nicht bereits mit geballter Faust in den Kinosaal treten, unterhalb der Wahrnehmungsschwelle. Daß solche Themen dem Regisseur durchaus nicht gleichgültig sind, bewies er 2005 mit dem furchtbar mißratenen LGBT-Problemfilm „Die Zeit, die bleibt“. Mit dem hat die Krimigroteske, die Ozon jetzt abgedreht hat, aber glücklicherweise nicht mehr gemeinsam als ein Rennpferd mit einem Packesel. Dem hochproduktiven und vielseitigen Filmemacher aus Paris ist ein einfach hinreißendes Ensemblestück gelungen, das vortrefflich unterhält und in der Bildgestaltung und Thematik mitunter erinnert an den französischen Oscar-Gewinner „The Artist“ (2011) von Ozons Kollege Michel Hazanavicius. Der bestach ebenfalls durch das famos nachgebildete Dreißiger-Jahre-Ambiente. „Mein fabelhaftes Verbrechen“ ist ein Film, der einfach gute Laune macht und den man nicht verpassen sollte, wenn man lange keine hatte.