© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 28/23 / 07. Juli 2023

Nach fünf Jahren Geldverbrennung ist Lordstown Motors bankrott
Marktbereinigung bei E-Autos
Thomas Kirchner

Langsam trennt sich die Spreu vom Weizen. Während einige neugegründete Elektroautohersteller erste Fahrzeuge ausliefern, machen andere dicht. Ganze 31 Fahrzeuge lieferte Lordstown Motors aus, bevor es nun Insolvenz anmelden mußte. Dabei hatte die Firma aus Ohio mit Foxconn, dem iPhone-Produzenten, einen solventen Partner, der zusätzlich zu den an der Börse eingesammelten 675 Millionen weitere 52 Millionen Dollar investiert. Doch eine angekündigte 170-Millionen-Unterstützung ließen die Taiwanesen platzen. Foxconn plante offenbar die Produktion von E-Autos in den USA, dürfte sich aber nach einem anderen Partner umgesehen haben. Die Lordstown-Aktie, die kurzzeitig bei 470 Dollar notierte, dürfte im Konkursverfahren wertlos verfallen.

Der Tesla-Erfolg zog viele Nachahmer an, doch keiner kommt bisher an das Original heran, zumal Tesla gegenüber einer Neugründung von 2018 etwa 15 Jahre Vorsprung hat. Elon Musk formuliert die Branchendynamik so: „Protypen sind einfach, Produktion ist schwer, und positiver Cash Flow ist qualvoll.“ 30 Möchtegern-Teslas gingen in den vergangenen Jahren in den USA an die Börse. Mindestens ein Startup davon, Nikola von Trevor Milton, erwies sich inzwischen als Betrug, der vom Leerverkäufer Hindenburg Research aufgedeckt wurde. Dessen Chef Nathan Anderson hatte auch an den von Lordstown behaupteten Vorverkäufen Zweifel angemeldet – mit der Insolvenz hat sich das erledigt, wie auch zahlreiche Aktionärsklagen sowie Untersuchungen der Wertpapieraufsicht SEC. Lordstown-Gründer Steve Burns mußte bereits 2021 seinen Hut nehmen.

16 Milliarden Dollar hatten E-Autohersteller 2020 und 2021 an den US-Börsen eingesammelt, viel davon durch Börsenmäntel (SPAC). Doch schon länger ist Ernüchterung eingetreten, ob der Markt wirklich 30 oder mehr zusätzliche Hersteller braucht. Zumal alle in der ohnehin schon umkämpften Oberklasse verkaufen wollen. Lordstown ist nicht das erste Opfer der Marktbereinigung. Im Juni 2022 war Electric Last Mile Solutions (ELMS) die erste Pleite in dem Sektor, und das nur ein Jahr nach dem Börsengang. Inzwischen haben die Firmen kaum noch Möglichkeiten zur Kapitalbeschaffung. Jahrelang war das kein Problem, eine Finanzierungsrunde folgte auf die andere. Seit die Zinsen steigen, hat sich das geändert, insbesondere für verlustbringende Neugründungen mit Kapitalbedarf im Milliardenbereich. Chancen hat jetzt nur noch, wer Partner mit tiefen Taschen hat und mit Volumen produziert. Rivian etwa kann sich auf den Partner Amazon verlassen.

Die Kalifornier verkauften 35.000 Luxus-Pickups für 661 Millionen Dollar im ersten Quartal, Tendenz steigend. Sie konnten so im Anleihenmarkt 1,3 Milliarden Dollar Kapital aufnehmen, was aber lediglich den Verlust eines Quartals ausgleicht. Lucid Motors konnte nur 2.300 Fahrzeuge verkaufen, hat aber den saudischen Staatsfonds als Großinvestor. Tesla brauchte beinahe 20 Jahre, um mit dem Verkauf seiner Autos einen Gewinn zu erwirtschaften. So lange überleben konnte es nur durch den Verkauf von CO2-Zertifikaten, was aber auch erst ab einem ordentlichen Produktionsvolumen lukrativ wurde. Davon sind die meisten Nachahmer weit entfernt. Noch problematischer sieht es bei Flugtaxis aus. Neben den Unwägbarkeiten wie bei E-Autos kommt auch noch die Frage der Wettbewerbsfähigkeit des E-Fliegens dazu. Eine Marktbereinigung im E-Mobilitätssektor ist vorprogrammiert.