Jüngst brachte der italienische Alpenverein Club Alpino Italiano (CAI) mit seiner provokanten Aussage den Stein für eine überaus hitzige Debatte ins Rollen. Um es vorwegzunehmen, es geht im Kern der Diskussion um nichts Geringeres als eine heutzutage zu oft überspannte Begrifflichkeit: Toleranz. „An unseren Bergen sollen keine Gipfelkreuze mehr aufgestellt werden. Sie seien anachronistisch und repräsentieren andersgläubige Bergsteiger nicht“, so die Forderung des Alpenvereins. Doch was der Club Alpino Italiano dabei als rückwärtsgewandt ansieht, stellt für andere ein markantes Zeichen der eigenen Kultur dar.
So auch für den Südtiroler Schützenbund, dessen Kulturreferent Martin Robatscher deutliche Worte findet: „Lassen wir uns unsere religiösen und kulturellen Traditionen und Gebräuche, zu welchen auch die Gipfelkreuze auf unseren Bergen zählen, nicht nehmen. Erst recht nicht von Exponenten des CAI, welche besser daran täten, die imperialistische und nationalistische Geschichte, welche uns in unzähligen Namen von Schutzhütten und erfundenen, faschistischen Flurnamen in unserer Bergwelt begegnen, aufzuarbeiten.“
„Das Kreuz ist nicht ein Zeichen, welches trennen will, sondern es ist ein Zeichen der Einheit.“
Besonders die religiöse Thematik scheint dabei einen Nerv bei unterschiedlichen Verantwortlichen getroffen zu haben, meldet sich auch ein Vertreter, der normalerweise sich bedeckt haltenden Diözese Bozen-Brixen zu Wort. Generalvikar Eugen Runggaldier mahnt an: „Ich finde es sehr bedenklich, daß eine Polemik entstanden ist, rund um die Gipfelkreuze auf unseren Bergen, denn das Kreuz ist nicht ein Zeichen, welches trennen will, sondern es ist ein Zeichen der Einheit.“
Solidarisch mit der Ansicht des italienischen Alpenvereins zeigt sich indes der ehemalige Extrembergsteiger und Museumsbetreiber Reinhold Messner. Dieser unterstreicht in einem Interview die Unantastbarkeit der Berge und zeigt sich zudem nicht überrascht, über die ausgebrochene Polemik rund um das Thema.
Die Debatte machte dabei auch vor der Unrechtsgrenze nicht halt und sorgte auch in Nordtirol für Zündstoff. Dort schloß sich der Präsident des Österreichischen Alpenvereins Andreas Ermacora der Argumentation der italienischen Kollegen an und plädierte für das Nichtaufstellen von neuen Gipfelkreuzen. Heftigen Gegenwind erhielt er dabei sowohl von der Österreichischen Volkspartei als auch der Freiheitlichen Partei, welche die Gipfelkreuze als Teil der Tiroler Identität ansehen und schützen möchten. Der gesamte Disput zeigt wieder einmal klar zwei Phänomene auf, welche in unseren Breitengraden häufiger als nötig vorkommen: falsche Toleranz und ein Eingriff in unsere religiösen und kulturellen Traditionen und Gebräuche.