© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 28/23 / 07. Juli 2023

Wer wählt Weidel?
JF-Exklusiv: Die AfD-Rekordwerte verleihen auch ihren Politikern Flügel / Merz verliert an Beliebtheit
Henning Hoffgaard

Eine Partei im Rausch. Erst 19, dann 20 und nun sogar 21 Prozent. Die AfD eilt derzeit von Rekordwert zu Rekordwert in den Umfragen, bei allen Instituten. Die Wahlsiege der Partei auf kommunaler Ebene im Landkreis Sonneberg und der sachsen-anhaltischen Stadt Raguhn-Jeßnitz (siehe Seite 4) sind ein Indikator dafür, daß sich diese bundesweit guten Werte auch kommunalpolitisch niederschlagen. Doch profitieren davon auch ihre Politiker? Und verliert das Spitzenpersonal der anderen Parteien an Beliebtheit? Seit Januar fragt das Insa-Institut im Auftrag der JUNGEN FREIHEIT monatlich die Beleibtheit ausgewählter Politiker im Mitte-Rechts-Wählerspektrum ab. Jetzt liegen die Zahlen für Juni vor und zeigen einige deutliche Verschiebungen.

Weidel profitiert von hohen AfD-Umfragewerten

Zwar führt CSU-Chef Markus Söder unter den Wählern von Union, FDP und AfD die Rangliste der beliebtesten Politiker weiter an, er muß jedoch zwei Punkte abgeben. Schlimmer erwischt es den Vorsitzenden seiner Schwesterpartei. Friedrich Merz gibt gleich fünf Punkte ab und fällt auf den dritten Rang. Profitieren kann davon AfD-Chefin Alice Weidel, die nun auf den zweiten Platz vorrücken kann und vier Punkte gutmacht. 

Weidel profitiert dabei vor allem von dem Rückhalt ihrer eigenen Wähler. Bei AfD-Anhängern steht sie klar auf dem ersten Platz. Satte 75 Punkte bekommt Weidel unter AfD-Wählern. Zum Vergleich: CDU-Frontmann Friedrich Merz kommt bei Unionsanhängern nur auf 63 Punkte. Mit den steigenden AfD-Werten erhöht sich auch ihre Gewichtung in der Gesamtgruppe der Wähler von Union, FDP und AfD. 

Eine Sonderrolle nimmt Wagenknecht als Linkspartei-Politikerin auf Platz vier ein. Doch auch sie zieht ihre Beliebtheit vor allem aus dem Reservoir der AfD-Anhänger. Bei ihnen kommt die in ihrer eigenen Partei weitgehend isolierte Politikerin auf 61,5 Punkte. Heißt: Platz zwei vor dem zweiten AfD-Sprecher Tino Chrupalla. Bei CDU und FDP-Wählern rangiert Wagenknecht abgeschlagen im hinteren Drittel – und verliert weiter an Beliebtheit. 

Bemerkenswert ist die hohe Polarisierung – selbst in der abgegrenzten Wählerschaft von Union, FDP und AfD. Einzig die Haltung zu Markus Söder ist relativ-mehrheitlich positiv (44 Prozent). Hinsichtlich der Haltung zu Alice Weidel (39 Prozent positiv, 38 Prozent negativ) und Friedrich Merz (35 Prozent positiv, 33 Prozent negativ) kann kein eindeutiges Meinungsbild festgestellt werden und bei den anderen überwiegt jeweils knapp mehrheitlich eine negative Haltung. 

Doch nicht nur Politiker polarisieren, Parteien auch. Besonders zwei: AfD und Grüne. Insa ermittelt nämlich nicht nur die Wahlabsichten der Bürger und die Beliebtheit von Politikern, sondern fragt regelmäßig auch die Potentiale der Partei ab. Neben der reinen Sonntagsfrage („Wen würden Sie wählen, wenn am kommenden Sonntag Bundestagswahl wäre?“) auch, ob sich die Wähler „vorstellen“ können, eine andere Partei zu wählen oder ob sie sogar ausschließen, eine bestimmte Partei zu wählen. 

Deutliche Verschiebung der Parteien-Potentiale

Und hier ist mächtig Bewegung in den Zahlen.  Zwar schließen noch immer 58 Prozent aller Wähler aus, jemals die AfD zu wählen, der Wert lag zu Beginn des Jahres 2023 allerdings auch schon bei mehr als 75 Prozent. Zugleich stieg neben den festen Wählern auch das Potential derjenigen, die bisher zwar nicht AfD wählen, sich dies aber vorstellen können. Heißt: Zu den derzeit 21 Prozent könnte die Partei noch sieben Prozentpunkte mehr erreichen. 

Das ist dann nicht mehr weit weg vom Maximalpotential der Grünen. Sie können bis zu 29 Prozent der Wähler erreichen. Zugleich steigt der Anteil der Wähler, die ausschließen, jemals die Partei um Ricarda Lang und Omid Nouripour zu wählen. 42 Prozent sind es bereits. Anfang 2022 lag dieser Wert noch bei 32 Prozent. Die Neuausrichtung des Parteiensystems schreitet damit auch demoskopisch voran. Als gegensätzliche Pole fungieren nicht mehr Union und Linkspartei, sondern AfD und Grüne. 

Eine umfangreiche Analyse lesen Sie ab Donnerstag auf JF-Online.