Immer tiefer versinkt die Ampel im Sumpf ihrer Energiepolitik. Im Durchschnitt kostet die Kilowattstunde (kWh) in Deutschland knapp 32 Cent, mehr als das Dreifache des durchschnittlichen Weltmarktpreises. In den USA ist sie für 2,8 Cent zu haben. Energieintensive Betriebe drohen abzuwandern. Wirtschaftsminister Robert Habeck versucht die Notbremse zu ziehen: Ein subventionierter Industriestrompreis von sechs Cent soll Unternehmen helfen, ohne Standortverlagerung im internationalen Wettbewerb zu bestehen. Damit dreht sich die Interventionsspirale erneut. Willkürlich erhöhten Energieabgaben folgten unterschiedlich starke „Strompreisbremsen“, etwa für Wärmepumpenbetreiber. Die Preise wurden damit immer mehr verzerrt.
Beifall bekommt der Grüne vor allem von Arbeitnehmervertretern und dem gewerkschaftsnahen Wirtschaftsweisen Achim Truger (Uni Duisburg-Essen). Selbst das Kölner Institut der deutschen Wirtschaft (IW) kann der Idee etwas abgewinnen. Kein Wunder, denn es wird hauptsächlich von der begünstigten Großindustrie finanziert. Unabhängige Ökonomen sind dagegen überwiegend skeptisch. So haben sich die anderen vier Mitglieder des Sachverständigenrates klar dagegen positioniert. Mit gutem Grund: Der Industriestrompreis kostet nicht nur 30 Milliarden Euro, sondern er benachteiligt auch die mittelständische Wirtschaft, die schließlich ebenfalls im internationalen Wettbewerb steht. Zudem widerspricht der Sonderpreis klar dem Ziel, Wirtschaft und Verbraucher zu energiesparendem Verhalten zu bewegen. Hier kommt die ganze Widersprüchlichkeit der „Energiewende“ zum Vorschein: Man kann eben nicht alleiniges Vorzeigeland für die unausgereiften erneuerbaren Energien und zugleich Exportweltmeister sein. Zwar soll die Stromsubvention nur übergangsweise gelten, quasi als Brücke ins Paradies der angeblich fast kostenlosen Wind- und Sonnenenergie. Aber diese Brücke droht ins Nichts zu führen, denn Deutschland ist keineswegs der ideale Standort für diese „erneuerbaren“ Energiequellen. Außerdem brauchen sie riesige Reservekapazitäten in Form konventioneller Energieträger für die Zeiten, in denen weder die Sonne scheint noch Wind weht.
Ob sich das unter dem Strich jemals rechnen wird, steht in den Sternen. Die Ampel hofft dabei auch auf den „Klimaklub“. Er wurde 2022 von den G7-Staaten beschlossen und umfaßt inzwischen zehn weitere Länder. Ziele sind einheitliche CO2-Standards innerhalb des Klubs und Strafzölle für Länder, die bei der „grünen“ Klimapolitik nicht mitmachen. Der Vorschlag stammt ursprünglich von dem US-Ökonomen und Nobelpreisträger William Nordhaus (Yale University), aber es ist fraglich, ob die Idee wirklich funktioniert. Letztlich bedeutet der Klimaklub einen Rückfall in den Protektionismus und gefährdet damit potentiell den Welthandel.
Auf jeden Fall sind viel Bürokratie, Aufwand und Streit um die Klimaschädlichkeit einzelner Waren zu erwarten. Besser wäre es, andere Länder auf freiwilliger Basis einzubeziehen. Das könnte durch an entsprechende Bedingungen geknüpfte Finanzhilfen geschehen. Es wäre gut, wenn der Klimaklub sich darauf konzentrieren würde. Die Vernichtung bzw. Vertreibung der eigenen Industriebasis durch immer höhere Belastungen bei nur minimalen Klimaeffekten könnte so vermieden werden.
Prof. Dr. Ulrich van Suntum. Plehrte bis 2020 VWL an der Wilhelms-Universität Münster.