Es sind nicht nur die Ergebnisse, die der deutschen Fußballnationalmannschaft zu denken geben müssen. Es ist das Desinteresse der Landsleute an den Auftritten. Ich kann mich kaum erinnern, daß ich erst im nachhinein mitbekommen habe, daß es überhaupt ein Länderspiel gab. Was früher fest im Terminkalender geblockt war, rauscht heute an einem vorbei wie eine nichtssagende Pressekonferenz des Kanzlers.
Und wie mir ging es vielen. Nur 4,5 Millionen sahen im ZDF das gehypte 1000. Länderspiel gegen die Ukraine. Selbst die Wiederholung eines Krimis fand unter denen, die überhaupt noch vor der Glotze hocken, mehr Zuschauer. Schon daß der DFB eine solche Partie, die mit dem Gegner ein politisches Signal setzen sollte, ins Weserstadion mit gerade einmal 35.800 Plätzen legte, zeigt, wie wenig man sich zutraut. Gegen Polen war es nicht viel besser. Obwohl das Team zur besten Sendezeit antrat, interessierten sich nicht einmal sechs Millionen Menschen dafür. In einem Jahr findet die Heim-EM statt. Beim besten Willen kann ich mir nicht vorstellen, eine Euphorie zu erleben wie 2006. Mit Özil-Affäre, One-Love-Binde und Spielern, denen wir die Identifikation mit dem Land, dessen Trikot sie tragen, nur schwer abnehmen, kann das auch nichts werden.
Das ist schade, denn der Fußball hat das Land über all die Jahre immer zusammengehalten. Ob Ostverträge, Streit um Nachrüstung oder Massenarbeitslosigkeit – hinter der Nationalelf konnten wir uns alle versammeln. In Zeiten, in denen sich sogar der Vizekanzler weigert, die Hymne zu singen, ist das vorbei. Es paßt zu einem Land, das die Menschen, die es mit Leben füllen wollen, diskriminiert.