© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 26/23 / 23. Juni 2023

Leserbriefe

Zum Schwerpunktthema: „Wir können auch anders“, JF 25/23

Nicht 3. Oktober, sondern 17. Juni

Wie so viele Gedenktage und Meilensteine unserer deutschen Geschichte ist der 17.Juni weitgehend aus dem Gedächtnis verschwunden. Die Altparteien haben kaum etwas getan, um den Geist der mutigen Männer und Frauen in Mitteldeutschland am Leben zu erhalten, die vor 70 Jahren unter Einsatz ihres Lebens und vom Westen im Stich gelassen, gegen den SED Unrechtsstaat auf die Straße gingen. 1,5 Millionen Menschen in 700 Orten standen nicht nur gegen erhöhte Arbeitsnormen auf – nein auch für Freiheit, Selbstbestimmung sowie gegen die russische Besatzung! Der Volksaufstand konnte nur durch sowjetische Panzer gestoppt werden. Hunderte Deutsche verloren ihr Leben, und rund  15.000 Festnahmen folgten. Der 17. Juni 1953 war die geistige Wurzel für das, was letzendlich am 9. November 1989 in einer friedlichen Revolution zur Teilwiedervereinigung sich erfüllte! Der 17.Juni ist ein sinnvollerer Nationalfeiertag als der konstruierte 3.Oktober 1990 (Unterzeichnung des Einigungsvertrag). Der 17. Juni sollte uns auch heute Auftrag sein gegen EU-Fremdbestimmung und Heizungsstasi!

Markus Krauss, Leingarten




Die Verzweiflung verstanden

Ich möchte mich für dieses Interview mit Wolfgang Liebehenschel („Es war völlig unglaublich!“) bedanken. Gratulation für einen Zeitzeugen und diesen ausführlichen Beitrag zum 17. Juni 1953. Ich habe den Aufstand in Köln als Oberschüler miterlebt. Für mich waren damals die Worte „Nie wieder Krieg von deutschem Boden“ ein lebenswichtiger Auftrag. Später verinnerlichte ich für mich die Lehre Jesu: „Wer zum Schwert greift, kommt durch das Schwert um“. Um so mehr verstehe ich die Verzweiflung der jungen Menschen, die mit Steinen gegen Panzer demonstrierten. Der 17. Juni sollte Nationalfeiertag sein, und junge Menschen sollten darüber aufgeklärt werden.

Dr. Ulrich Röhr, Hamburg






Zu: „Die Geister, die sie riefen“ von Kurt Zach, JF 25/23

Die Marschrichtung bleibt

Der Autor des Meinungsbeitrags hält eine Demonstration von 100.000 Menschen für nicht unrealistisch. Ich halte dagegen. Analog der berüchtigten Junckerschen Salamitaktik wurden beim „Heizhammer“ nun Zugeständnisse gemacht. Da wird sich der Bürger in seinem: „So schlimm wirdʼs schon nicht werden!“ bestätigt sehen und Ruhe geben, es drängt ja nicht mehr so sehr. Dabei wurde bloß der Zeitplan gestreckt, die Richtung bleibt gleich.

Dr. Martin Heine, Hannover






Zu: „Ein fragwürdiges Frauenbild“ von Anabel Schunke, JF 25/23

Kritische Reflexion zum Nachdenken

Dieser Artikel regt zum Nachdenken an. Eine Bubble kann eben auch schnell im nicht-woken Kreis entstehen. Herzlichen Dank und bitte mehr davon für kritische Reflexion auch im konservativen Denken.

Dr. Martin Fischer, Leipzig




„Locken – blocken – frohlocken“

Die Autorin argumentiert völlig schlüssig und beklagt nachvollziehbar die Spaltung der Gesellschaft, gerade auch mit Blick auf die konservative Seite. Doch statt nur an die Moral zu appellieren, sollte auch nach den psychodynamischen Hintergründen dieses Phänomens gefragt werden. Hier drängt sich mir als Psychoanalytiker die Frage auf, inwieweit im konkreten Fall wie überhaupt in der umfassenden Me-too-Debatte die Persönlichkeitsstruktur der jeweiligen Protagonisten eine zentrale Rolle spielt. Ich kenne weder Till Lindemann noch die Damen Lynn oder Shyx. Doch die Information, letztere präsentiere sich im Netz mit (verhaltenspsychologisch und allgemein gesprochen) äußeren Merkmalen, die sexuelles Appetenzverhalten evozieren, erinnert mich an eine Reihe von Fällen, die mir nicht nur in meiner psychoanalytischen Praxis begegneten. 

So frustrierten diese Frauen, die dank benannter Auslösereize den Kontakt mit Männern fanden, diese im letzten Moment harsch, lax gesprochen nach dem Motto: „Locken – blocken – frohlocken“. Je nach eigener Persönlichkeitsstruktur reagierten die in eine derartige Interaktion hineingeratenen Männer sachlich („Ich habe mich getäuscht“), zornig („Ich wurde arglistig getäuscht“) oder mit tiefer Erschütterung des Selbsterlebens („Ich bin nichts wert“), was in einem meiner Fälle letztlich zum Suizid des Mannes führte. Dahinter dürfte bei dem betreffenden Frauentypus in der Regel eine hysterische Persönlichkeit zu diagnostizieren sein, vor dem Hintergrund einer schweren narzißtischen Basisstörung auf Borderline-Niveau. Diese Menschen, die ichstrukturell auf Borderline-Niveau funktionieren, tragen notorisch die Spaltung der inneren Repräsentanzen in ihre jeweils aktuelle soziale Umgebung.

Dr. Matthias Gubitz, Göttingen






Zu: „Heißer Empfang für Söder“ von Lorenz Bien, JF 25/23

Zwischen 400 und 13.000 Demonstranten

Das ist eine gute Zusammenfassung der Großveranstaltung gegen das Heizungsgesetz. Ein paar Meter weiter fand die AfD-Demo statt. Die Besucher konnten zwischen beiden Versammlungen pendeln. Die AfD hatte zwar nur 400 Zuhörer, aber viele mit Deutschland-Fahnen – dagegen keine einzige D-Flagge bei den 13.000! Söder wurde im Wegfahren von der Klein-Demo ausgebuht.

Hermann Neidhart, Neuried






Zu: „Teutonisches Prickeln“ von Bernd Rademacher, JF 25/23

Zuerst in Schlesien angestoßen

Ihrem Bericht über die angeblich erste Sektkellerei Deutschlands (1826) in Esslingen muß ich widersprechen! In Schlesien gab es das schon früher! „Der erfindungsreiche Sekretär, Lyriker, Gemischtwaren- und Tabakhändler Häusler zu Hirschberg experimentierte seit 1819 an der Herstellung von trinkbarem schäumendem Cidre aus Äpfeln.“ So steht es auf der Seite „Grempler Sekt – die Historie“ im Internet. Häusler ist derjenige, der bereits 1820 erstmals „Apfel-Champagner“ kelterte und es verstand, dieses Wissen mit Erfolg auf das perlende Veredeln von Weinmost anzuwenden. Der Erfinder Carl Samuel Häusler, der Unternehmer und Weingutbesitzer Friedrich Adolph Gottlob Förster und der Unternehmer und Weinhändler Friedrich August Grempler sen., allesamt aus Grünberg in Schlesien, gründeten zwar erst 1828 ihre gemeinsame Firma „Gründungs-Gesellschaft Häusler, Förster Grempler“, aber der „Grünberger Champagner“ wurde schon seit 1820 hergestellt. 1826 wurde der „Grünberger moussé“ abgefüllt, der dem französischen Champagner in nichts nachstand. Auch der Streit um die älteste Sektkellerei Deutschlands konnte Grempler egal sein, sein Erfolg war nicht geschmälert. 1849 gab es in Deutschland bereits 43 Betriebe, die Sekt bzw. „deutschen Champagner“ herstellten. Bis 1945 wurde in Grünberg Grempler Sekt produziert.

Christiane Biedermann, Herzogenaurach






Zu: „Auf totalitärer Mission“ von Thorsten Hinz, JF 24/23

Wo bleibt die Stellungnahme des VDI?

Über 170 Jahre haben deutsche Ingenieure dafür gesorgt, daß stets genügend Energie vorhanden war. Nun kommt ein Märchenerzähler (Kinderbuchautor), der es besser weiß. Wo bleibt die Stellungnahme des VDI (Verein Deutscher Ingenieure e.V.) in den Medien? Sind deutsche Ingenieure taubstumm geworden?

Werner B. Wegmann, Ludwigshafen




Ein Segen für unser Land

Es muß hier einmal ganz deutlich gesagt werden: Der Autor Thorsten Hinz ist ein Segen für unser Land, ein Riese.

Henner Gnotke, Berlin




Wenn Alkohol Hacks die Zunge lockerte

Die Attacke auf die Grünen ist berechtigt. Doch ist die Äußerung von Peter Hacks von 1992 über einen künftigen „grünen Faschismus“ (siehe: Hacks, Marxistische Hinsichten, Berlin 2018, S. 302) ernst zu nehmen? Zweifel sind angebracht. Hätte Hinz in dem Band weitergeblättert, hätte er in einem Gespräch mit der Jungen Welt, März 2003, folgende aparte Ausage lesen können: „Wenn der Hitler sich nicht den Puschel mit den Juden zugelegt hätte, würde jeder zugeben, daß er die bei weitem gesittetere, zivilisertere, sozialere, auf irgendeine Weise (…) friedfertiger, der Hitler überhaupt nicht so viele Kriege angefangen (hätte) wie die Amerikaner.“ (S. 557, Tonbandaufnahme). Auch wenn Hacks hier wohl reichlich alkoholisiert war, scheidet er damit doch aus. Die Zeugnisse von Hacks aus der Wendezeit und danach bieten hochinteressante Einblicke in die Abgründe einer orthodoxen und zugleich schwer beschädigten SED-Seele, als Munition gegen die Grünen eignen sie sich nicht. Der „aristokratische Hacks“, der „klassizistische Goetheaner“ war nur Fassade. Wenn Alkohol ihm die Zunge lockerte, kam etwas ganz anderes zum Vorschein.

Peter Geble, Berlin






Zum Schwerpunktthema: „Die Ampel zieht uns den Stecker“, JF 23/23

Umgekehrt wird ein Schuh daraus

Andersherum wird ein Paar Schuh daraus: Wir sollten der Ampel den Stecker ziehen, bevor sie dazu kommt, und das so schnell wie möglich.

Volker Wittmann, Philippsburg






Zu: „Notabschaltungen oder Blackout“ von Marc Schmidt &„Umfangreiche Auskunftspflichten für die Bürger“ von Stefan Kofner, JF 23/23

Das Ende des Kapitalismus naht

Diese beiden Beiträge zeigen, warum die Lektüre der JF unverzichtbar ist: Denn die „umfangreiche(n) Auskunftspflichten für die Bürger“ sind für den Staat, damit dieser eine gebäudescharfe Abschaltung der Stromhaushalte vornehmen kann. Die linke Vordenkerin Ulrike Herrmann sagt das auch ganz offen, etwa in der Veranstaltungsreihe Freiburger Horizonte unter dem Titel „Ende des Kapitalismus?“ am 17. April 2023 im Streitgespräch mit Lars Feld (siehe Youtube, ab Minute 25:20). Und ihre Rationierungsvorstellungen gehen noch viel weiter, so am 20. März 2023 auf der Attac-Veranstaltung „Das Ende des Kapitalismus“ in Köln (ab Minute 1:26:00). Wer soll das mitmachen, welcher Moloch soll die Verteilung des Mangels organisieren und kontrollieren?

Walter Hofmann, Peenehagen



Praktisch und technisch nicht machbar

Im Beitrag von Stefan Kofner werden die handwerklichen Fehler der kommunalen Wärmeplanung zu Recht kritisiert, auch die Ausgangslage wird sehr gut herausgearbeitet. Zusätzlich zu erwähnen ist hier, was ich als das eigentliche Hauptproblem sehe: die technische, also praktische und natürlich in Folge auch finanzielle Machbarkeit der Fernwärmeversorgung bei Vorgabe von 65 oder sogar 75 Prozent erneuerbarer Energie. 

Zunächst ist festzuhalten, daß Fernwärmesysteme auch bei Kraftwärmekopplung die eingesetzte Primärenergie nur zu 85 Prozent nutzt, 15 Prozent sind Wärmeverluste in den Leitungen, wie etwa hier in Schwerin, wo die unzureichend isolierten Fernwärmeleitungen im Winter unfreiweillig zu kilometerlangen Gehwegheizungen werden! Damit alleine disqualifiziert sich dieses System. Zum Vergleich: Moderne Gas- oder Öl-Brennwertheizungen nutzen die Primärenergie zu 98 Prozent und haben nur zwei Prozent Energieverluste. Des weiteren ist zu bezweifeln, wie die erforderlichen Mengen in Form von zwei Drittel erneuerbarer Energie überhaupt bereitzustellen sind. Wollen wir die Anbauflächen von Mais noch vervielfachen? Kann Geothermie diese Mengen bereitstellen? In Schwerin soll das vorhandene Potential bei circa 15 Prozent des Gesamtbedarfs liegen, das entspricht also gerade mal den Leitungsverlusten! Neuerdings werden riesige Wärmepumpen ins Gespräch gebracht. Wie die die erforderlichen Vorlauftemperaturen erreichen sollen, wüßte ich gerne und auch wo denn der grundlastfähige Strom für diese Wärmepumpen  im Winter herkommen soll? Schlußendlich ist festzustellen, daß bei den genannten Nachteilen und Problemen eine gesetzlich verordnete  Monopolstellung per Zwangsanschluß dieser meist kommunalen Anlagen absolut nicht haltbar ist! Das Eingehen auf die finanziellen, letztlich preislichen, Auswirkungen dieser weiteren Transformation kann ich mir wohl sparen. Die Abhängigkeit der Bürger vom staatlichen Wohltaten erhöht sich auf jeden Fall!

Rolf Kopsicker, Schwerin






Zum Leserbrief: „Eine einseitige Auflistung“ von Max Starkmann, JF 23/23

Richtigstellung zur Sowjetpropaganda

Dieser Leserbrief enthält Sowjet-Propaganda. Tatsächlich wurde die darin genannte Scheune mit den Dorfbewohnern von russischen Partisanen angezündet, die sich dafür rächen wollten, daß diese Dorfbewohner den Wehrmachtssoldaten ein Versteck der Partisanen verraten hatten. Daß die russischen Partisanen in dieser Weise vorgingen, dürfte längst bekannt sein. Auch dieser Vorfall wurde bereits untersucht, und es gibt Literatur hierzu („Die Wehrmacht-Untersuchungsstelle,“ de Zayas, 1979) und weitere Veröffentlichungen. Zudem werden alle russischen Soldaten auf dem Kopf „kahl geschoren“.Daß die deutsche Militärverwaltung mit plötzlich drei Millionen russischen Kriegsgefangenen überfordert war, ist unbestritten.

Bernd D. Hafenberg, Berlin