Der Schriftsteller Rolf Stolz hat in fast fünf Jahrzehnten viele Gedichte, Romane, Essays, Sachbücher, Kinder- und Photographiebücher veröffentlicht. Sein Schaffen ist derart umfangreich, daß er in Kooperation mit dem Verlag Edition Bärenklau eine auf zwanzig Bände angelegte Ausgabe seiner Werke herausbringt. 2023 ist Band 13, „Aberfindungen“ erschienen. Eine Trilogie „Osten“, bestehend aus drei Romanen. Der Eröffnungsband „Reiten und Krieg“, eine von den zwanziger bis vierziger Jahren handelnde Familiensaga in West- und Ostdeutschland. Stolz verarbeitet Umfassendes aus seiner eigenen Biographie und Ahnengeschichte. Es folgt „Fast ein Attentat“, der Versuch eines obskuren Geheimdienstmannes, den Gang der (Welt-) Geschichte zu ändern. Die Trilogie schließt mit „Estonia“, der Reise zweier Protagonisten in ein kleines zerrissenes Land. „Osten“ als Name seiner Trilogie ist ein für geographisch weite Räume festgelegter Begriff. Gegebenheiten der Vergangenheit zerfließen mit Hoffnungen einzelner Personen, aber auch mit dem Leben ganzer Familien und Sippen in der Gegenwart.
„Reiten und Krieg“ ist ein Blick auf die Geschichte deutscher Verhältnisse, beginnend in Gebieten des Ostens am Rande des Reiches, wo die Menschen jahrhundertelang Verschiebungen und Teilungen zwischen Deutschen, Polen, Russen ausgesetzt waren. Der Erhalt eigener Identität ist eine Herausforderung. Die zentralen Figuren des Romans, überwiegend Nachfahren der Juden, die nach der Dreiteilung Polens im späten achtzehnten und frühen neunzehnten Jahrhundert mit ihrem Übertritt zum Christentum sich den protestantischen Deutschen anschlossen und immer eine Minderheit in der Minderheit blieben. Fremde, die ihre Fremdheit verbergen und dennoch nicht von ihrer Fremdheit loskommen. Dies auch später nach den Umbrüchen von 1945, als die Handlung des Romans in Westdeutschland im Rheinland spielt.
„Fast ein Attentat“, Hermann Grau beruflich Geheimdienstagent, privat ein „Nullouvert-Mann“ aus Berlin. Ohne jede Verbindung zu Dritten und ohne einen Auftrag entschließt er sich 1932 dazu, Adolf Hitler zu erschießen. Nachdem er zuerst sein Glück bei zwei Frauen zu finden sucht, dabei wenig erfolgreich, beginnt er mit seinen Vorbereitungen. Am Ende machen unerwartete Ereignisse seine Pläne zunichte (JF 51/22).
„Estonia“, Der Ingenieur Kruch, Gabrieles heimlicher Geliebter, macht sich in ihrem Auftrag auf nach Estonia, um dort herauszufinden was aus dem Schriftsteller Thomas Färber, dem Mann von Gabriele geworden ist. Beide geraten dabei auf vermintes Gelände. Wie zwei ausgemachte Narren gehen sie einem tragischen Schicksal entgegen. Eine sehr spannende Lektüre.
Rolf Stolz: Aberfindungen. Romane Drei Werke, Band 13. Books on Demand, Norderstedt 2023, gebunden, 368 Seiten, 24,90 Euro