© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 26/23 / 23. Juni 2023

Von Freunden, Verrätern und einer Auftragskillerin
Exklusiver Vorabdruck: „Armageddon“ heißt Matthias Matusseks neuer Roman. Er beginnt wie ein Thriller und endet in der finalen Schlacht zwischen den Mächten des Himmels und denen des Satans, frei nach der Apokalypse des Johannes. Wir drucken Auszüge

Paß doch auf, Penner!“

Rico drehte sich erschrocken um. Ein Kerl mit rot-gesprenkelter schwarzer Lederjacke hatte ihn vor der Tiefkühltruhe angerempelt, ein paar Schritte hinter der Säule, auf der im Lidl Brot und andere Sachen, die nicht mehr tagesfrisch waren, zu Schnäppchenpreisen aufgebaut waren. 

„Und setz deine Maske richtig auf!“, kläffte der Typ. 

Weitere Kunden drehten sich zu ihm hin, ärgerlich. Rico sah in ein Paar wäßriger blauer Augen mit entzündeten Lidern, dunkelblonde Haare wie schmutziges Stroh. Ein wildes, irres Starren. 

„Ach du Scheiße“, setzte die Lederjacke nach, „gibt’s doch nicht, hat sich der Nazi hierher verzogen!“ Er hatte eine hohe, kehlige Stimme. 

Rico war wütend über sich, weil er sich reflexhaft und gehorsam seine Maske wieder über die Nase geschoben hatte. Er seinerseits traute seinen Augen nicht. Was hatte so ein Kerl hier an der Küste verloren, in diesem Luftkurort mit gerade mal zweitausend Einwohnern? Es gab mehr Schafe als Menschen hier oben. Im Lidl deckten sich die Bauern der Gegend ein und die Stadtflüchtigen, Rentner wie er, pensionierte Ärzte, Unternehmer, Künstler, die sich hier niedergelassen hatten, um genau solche Typen zu meiden. 

Da er ein cholerisches Temperament hatte, sah er sich schon nach der Erbsenkonserve im Regal neben sich greifen, um sie dem ungewaschenen Stadtindianer ins Maul zu stoßen. Ein wilder Adrenalinschub ließ diese Fantasiebilder durch sein Hirn schießen – splitternde Zähne, breiiges Hirn – und das alles verglühen wie eine giftige Verpuffung. Er erschrak. Wieviel Wut da hochschoß über diesen Verpetzer, diesen Büttel und eilfertigen Krachschlager und Denunzianten, der dabei war, ein Riesentheater zu veranstalten. (…)

Er schluckte seinen Ärger herunter, schüttelte den Kopf und schob seinen Wagen weiter durch die Regale, an den gekühlten Wurst- und Käseangeboten vorbei. Er war beunruhigt. Mehr als das. Alarmiert. Was hatte der Typ hier verloren?

Rico war fast täglich hier und deckte sich ein. Es gab alles. Prime-Rib aus den USA, Rinder-Carpaccio aus Argentinien, Lachs aus Norwegen, französischen Camembert, die Welt war zu Hause hier in der Küsteneinöde. Er mußte sie nicht mehr haben die Welt, er hatte sich hinlänglich in ihr herumgetrieben, jetzt genoß er das Nichts.

One World in Ahrensfeld, klappt doch, dachte er sich.

Aber jetzt dieser Typ. Er spürte seinen Ärger wie einen schmutzigen Lappen im Mund. Automatisch dachte er an das Gewehr, das nach seinem fünfundsechzigsten Geburtstag auf ihn gerichtet worden war, weil er ein Rechter war, ein Nazi, wie es in diesem Song hieß. (…)

Vor drei Jahren hatte er seinen fünfundsechzigsten Geburtstag gefeiert und breit eingeladen, „alte und neue Freunde“ hatte er in der Einladung geschrieben. Unter den alten waren Studienfreunde wie Gandalf, inzwischen Professor an einer Filmhochschule, Freddy, NDR-Redakteur, Mathias, der Unterhaltungsromane verfaßte, konservative Journalisten wie Ulrich, der bleiche ehemalige Kulturchef der Zeit, der in Ricos Kirchengemeinde war, dann der Chef einer konservativen Wochenzeitung, für die er schrieb, einige vom Spiegel, darunter Alexander, der Pole, dessen Reportagen er bewunderte, weil sie so unkitschig und klug waren, weiter ein Unternehmer aus Köln, dann ein alter Tennispartner und Bild-Kolumnist, dann aber auch solche, die mittlerweile als Unberührbare galten wie Fletsch, der seinem Magazin den Rücken gekehrt hatte und gegen die Regierung schrieb; dann solche, die noch an der Klippe der Salonfähigkeit hingen wie dieser Hamburger Unternehmer und Preußen-Liebhaber, der sich in den Kopf gesetzt hatte, das Berliner Schloß wieder zu errichten, und es tatsächlich erreicht hatte – Triumph des Willens, dachte sich Rico, tatsächlich. Ein ehemaliger Priester war unter den Gästen, des weiteren ein Theologe und Stand-up-Comedian, dann die Verfemten, eine prominente ehemalige CDU-Politikerin, elegant mit Perlenkette und Kostüm, eine mutige Buchhändlerin aus dem Osten, der die Antifaschisten Brandsätze in den Laden geschmissen hatten nach dem Motto „Kauft nicht bei Rechten“, Schriftstellerinnen, denen der Verlag aus politischen Gründen aufgekündigt hatte, Kolumnistinnen … Später wurden russische Lieder gesungen und Kinderlieder aus der DDR, sooo lustig das alles, insgesamt eine fröhliche und hochkultivierte Truppe. (…)

Mirko war großflächig tätowiert wie Queequeg, der Südsee-Insulaner aus Moby Dick, der Harpunier, und er stand tatsächlich wie ein sanfter wohlerzogener Wilder auf dieser Party herum, mit all den gebildeten konservativen Literaten und Intellektuellen, er war auf Brust und Rücken, auf Armen und Beinen gezeichnet, eine ganze Weltkarte trug er auf der Haut, den üblichen Seemannskram mit Nixen und Ankern, Dolchen und Herzen, aber auch eine Fackel und einen mittelalterlichen Morgenstern und die Worte „not yet“, die der Kaleu im Film „Das Boot“ in die Gischt ruft, nachdem sie ihren britischen Verfolgern entkommen sind – aber natürlich hatte Mirko seine bunte Haut unter einem blütenweißen Hemd und Jeans verborgen wie jeder x-beliebige David Beckham, wenn er vom Fußballschlachtfeld auf ein Bankett wechselte.

Mirko war im Nachbardorf des Talkmasters aufgewachsen, Reinhold Beckmann, der seit neustem mit einer Band tingelte, nachdem seine Show aus dem Programm geworfen worden war, der aber weiterhin Features für die ARD produzierte, ein sympathischer Kerl, dessen Geburtstag Rico ebenfalls besucht hatte, und er stand neben ihm, während Beckmann auf seiner Gitarre ihm und seinen Gästen ein Ständchen spielte. Mirko wollte Beckmann auf die gemeinsame Herkunft ansprechen, da hatte Rico die beiden fotografiert mit seinem Handy.

Sein Eigensinn hatte ihn aus der Gesellschaft hinauskatapultiert

Ricos Wohnung in Alsternähe war für Feste wie dieses angelegt, an die 250 Quadratmeter mit Dachterrasse, er wohnte gerne spektakulär, und er konnte es sich leisten, als er noch ein Star war in dieser kleinen großen Welt des Journalismus.

Als Korrespondent in Manhattan wohnte er mit seiner Familie in einem Duplex mit Dachgarten am Central Park, das zuvor von Donald Trumps Freundin Marla Maples bewohnt wurde, in Rio war es eine pinkfarbene, geschindelte toskanische Villa mit Säulen und portugiesischen Azulejo-Kacheln und Köchin und Chauffeur und Wachdienst. In London residierte er direkt an der Themse im mondänen Richmond, Mick Jagger und Pete Townsend lebten in der Nähe, der Chef eines Premier-League-Clubs war sein Nachbar, ein anderer ein ehemaliger Gitarrist der Shadows – seine Wohnung war mit Goldenen Schallplatten tapeziert. Und hier in Hamburg diese Riesenwohnung, gleich gegenüber lag ein Health Club mit beheiztem Außenpool und Hotelbetrieb, in dem er Gäste untergebracht hatte, die aus Frankfurt oder München, aus Köln oder Berlin angereist waren.

Es war ein lustiges Gewoge, der Wein floß, Lieder wurden gesungen, die Freunde aus dem Osten sangen „Meine Heimat“, was jedes Kind aus der DDR kannte, seine Frau Katja, die in Erfurt aufgewachsen war, sang mit, auf dem Balkon tanzte der Chef der Katholiken in der AfD mit Erika Steinbach Cha-Cha-Cha, der syrische Koch und seine Frau amüsierten sich, rund hundert Leute feierten friedlich und zunehmend angeschickert, Reden wurden auf Rico gehalten, auch von seinem Freund Jan Fleischhauer, der spät und divenhaft hereinschneite, er liebte es, Geistreiches zum Besten zu geben, wenn Rico ihm Gelegenheit bot, im Mittelpunkt zu stehen, ob bei seinem Abschied nach Rio als Korrespondent für den Spiegel oder bei seinem Abschied von diesem Blatt, das sich in den sechsundzwanzig Jahren, die er ihm angehörte, schwer verändert hatte. (…)

Hier muß zuungunsten Rico Hausmanns eingeflochten werden, daß er unbedenklich in die Öffentlichkeit ging, wie Millionen anderer Facebook-Nutzer mit ihren Katzen, Hunden, Geburtstagen. Er war laut. Wahrscheinlich lag es daran, daß er in seiner Geschwisterschar der Viertletzte von fünf Brüdern war und am lautesten schreien mußte, um gehört zu werden. In seiner Internatszeit mit den Vierzig-Mann-Schlafsälen und den Massenabfertigungen beim Essen hatte sich dieser Wettbewerbsdrang, der auch ein Leistungsdrang war, weiter vertieft und veredelt, und klar war er Kapitän der Fußballmannschaft, und sein Trainer meinte, er könne es in die Oberliga schaffen – bis ihm Sex und Drugs und Rock ’n’ Roll in die Quere kamen.

Nun aber hatte ihn sein Eigensinn aus der Gesellschaft hinauskatapultiert, denn er hatte ebenso lautstark und vehement all das vertreten, was zunehmend als pfui galt, er war seit einigen Jahren der Paria, und als er dort auf der Treppe zur Dachterrasse saß, inmitten der Geschenke, wollte er es denen zeigen, die ihn abserviert hatten, wollte zeigen, daß er verdammt noch mal lebte und vor allem, daß er tatsächlich noch Freunde hat und daß es eine spannende konservative Gegenkultur gibt. Hatte der Oberpunk Johnny Rotten von den Sex Pistols nicht recht, als er sagte: „Ich hätte nie gedacht, dass ich den Tag erleben würde, an dem die Rechten die Coolen sind, die dem Establishment den Mittelfinger zeigen, und die Linken die wehleidigen, selbstgerechten Trottel, die alle beschimpfen.“

Unter den Fotos, die er hochgeladen hatte, war auch jenes, das Mirko mit dem klampfenden Talkmaster zeigte, aber auch andere, auf denen Rico mit seinen ehemaligen Spiegel-Kollegen posierte, darunter auch Jan Fleischhauer, ein Selfie, alle grinsten.

Es dauerte nur eine Stunde, bis der Komiker Jan Böhmermann mit seiner Truppe von jungen Denunzianten und Fans Wind von der Sause bekam, vor allem aber davon, daß der Identitäre Mirko, der offenbar einen rechten Prominentenstatus hatte, ebenfalls mit von der Partie war.

Der antifaschistische Widerstand sammelte sich.

Ricos Geburtstag ging viral (…)

Der demokratische Jagdeifer sprang auf die Bild-Zeitung über, die genüßlich die Anwesenden aufzählte, Quelle war Ricos Freund, der Bild-Kolumnist. So waren die Zeiten, kreuz und quer das Freundschaftsgeschlinge, links und rechts, tabu und okay. Unter der Schlagzeile „Bestseller-Autor Hausmann feiert mit vorbestraftem Rechtsradikalen Geburtstag“ war faktisch alles richtig und dennoch falsch. Er hatte das Gefühl, als sei plötzlich alles mit einem zähen Schleim überzogen, der ihm die Bewegungsfreiheit nahm. Als sei er Aliens zum Opfer gefallen. Ein Fangnetz war da über ihn und alle seine Freunde geworfen worden, und ihm wurde schwindelig. Er schnappte nach Luft.

Kurz darauf klingelte erneut sein Handy, der junge Spiegel-Ex-Kollege aus dem Medienressort, es ging um das Gruppenfoto der Kollegen, ob er das bitte löschen könne, bat er kleinlaut und verängstigt, er habe bereits Mails der Chefredaktion bekommen. (…)

Nun taten Rico die Freunde leid. Er hatte nicht mit diesem Orkan gerechnet. Aber im antifaschistischen Kampf war sich die Nation einig. Da klumpte sich was zusammen, da qualmten die Bremsbeläge durch, da zog eine Gespensterparade auf, ein neurotischer Maskenball, eine Groteske wie auf den Bildern von James Ensor. (…)

Lady Death entnimmt ihrem Geigenkasten ein Gewehr

Nach dieser Party dämmerte ihm, daß er nun tatsächlich toxisch war, endgültig für vogelfrei erklärt, ein Gesinnungsverbrecher, und alle halfen bei der Treterei mit. Auf Zeit online wurde er als Nazi bezeichnet, er war einer, der ausgeschaltet werden mußte, und als dann dieses Musikvideo der Gruppe Egotronic auftauchte, bekam er Angst. (…)

Es war ziemlich aufwendig gedreht. Ein regelrechter kleiner Spielfilm, in dem sein Geburtstag nachgestellt wurde. Übrigens schon das zweite der Art, offenbar gab Rico für die linke Szene mit seiner Wohnung an der Alster das perfekte Feindbild ab, und dieses zweite Video war zugespitzt.

Er zeigte es Silke und Peer auf seinem Handy.

Da ist eine Auftragskillerin, die mit einem ukrainischen Namen vorgestellt wird, sie erhält ihren Marschbefehl über Handy auf einer Parkbank. Sie erhebt sich, entfernt professionell die SIM-Karte aus ihrem Handy und schmeißt sie in einen Papierkorb und zieht los mit ihrem Geigenkasten. Enge schwarze Lederhose, schwarze Perücke, sexy, Lewtoschenko heißt sie ukrainisch, ihr Alias ist „Lady Death“.

Sie nannten ihr Lied „Kantholz“, nach jenem Prügel, mit dem ein AfD-Politiker einst niedergeschlagen worden war.

Dazu Gedröhne der Gruppe.

„Doch gibt es Gegenwehr ist das Geheule groß (Geheule groß) Was interessiert es mich, wenn mal ein Rechter fällt? (ein Rechter fällt, ein Rechter) Das Schicksal von Nazis ist mir vollkommen gleich. Ich hoffe lediglich, sie fallen nicht weich“

„Gott ist das pervers“, rief Silke.

„Wart ab, wird noch besser.“

Lady Death steigt in den Dachstuhl eines Hauses, entnimmt ihrem Geigenkasten ein automatisches Gewehr und beobachtet durchs Zielfernrohr Ricos Geburtstagsparty im Loft gegenüber oder das, was sich der Regisseur unter ihr vorgestellt hat. Schnitt aufs Fadenkreuz: sinnlos betrunkene Meute, albernes Gehopse mit Luftschlangen, schäumender Sekt. Aus dem Off das Indy-Gegröle.

„Hetzjagd? Erzähl doch keinen Scheiß. Seit über siebzig Jahren wird hier keiner mehr verfolgt. Faschos im Parlament, in Talkshows und Nazis auf den Straßen. Man muß den Rechtsstaat walten lassen.“

Lady Death legt an, ein roter Laserpunkt erscheint auf Katjas Brust, Lady Death drückt ab, Katja bricht zusammen, danach ist Rico dran, Blut spritzt über die Wand, als er zusammenbricht. Oder ist es der Rotwein?

„Doch gibt es Gegenwehr ist das Geheule groß (Geheule groß) Was interessiert es mich, wenn mal ein Rechter fällt? (ein Rechter fällt, ein Rechter) …«

„Stellt euch mal vor, da hätte eine rechte Gruppe gesungen: ‘Und fällt ein Linker, ist das Geheule groß …’“

„Brennpunkte, Schlagzeilen, Aufstand der Anständigen“, sagte Peer. „Und mindestens dreitausend Schwerbewaffnete im Einsatz.“

„Später schrieb mir einer, daß es sich bei dem Gewehr um ein echtes handelt, ein Präzisionsding aus britischer Produktion, ein L115A3 Gewehr, hergestellt von Accuracy International, und das war der Moment, als wir wirklich Angst bekamen, vor allem Katja, und dann sind wir zur Polizei gegangen.“

Das hier war eindeutig eine Morddrohung. (…)

Sie saßen in seinem Arbeitszimmer vor dem Computermonitor, schweigend, und schauten sich an. Katja sah krank aus. Sie zupfte Hautfetzchen von ihrer Unterlippe, eine ihrer Angewohnheiten, wenn sie unter Hochspannung stand. Irgendwann hatte sie ihn mal gebeten, ihr die Hand dort wegzunehmen, wenn sie damit begann. Diesmal unterließ es Rico. Schließlich sagte sie: „Willst du nicht langsam mal kürzertreten, Schatz? Kannst du nicht auch mal Rücksicht auf mich nehmen? Ich meine, ich werde schon von Kollegen auf dich angesprochen.“

Ratlos blieb er vor dem Monitor sitzen. Was hätte er auch zu seiner Verteidigung anführen können. Daß der Jagdbetrieb auch ohne sein Zutun weiterrollte in seiner eigenen Dynamik, und, ja, daß auch sie beide dabei unter die Räder kommen könnten, sie und ihr Sohn?

Tatsächlich riskierte sie mehr als er. Er konnte hier sitzen und von der Tastatur aus seine mehr oder weniger gelungenen Blitze gegen eine verkommene Politik schleudern. Er war Rentner, sie hingegen stand als Lehrerin unter Beobachtung. Ihr Risiko war sehr real, nachdem die Innenministerin eine Umkehrung der Beweislast für Beamte ins Spiel gebracht hatte. Mittlerweile sollte der Dienstherr direkt Kündigungen aussprechen können ohne Gerichtsurteile. Nach dem Operettenaufstand der „Reichsbürger“ hatte sie nun vor, daß Staatsangestellte von sich aus ihre Loyalität zur Regierung zu belegen hätten. Ein Fahnenschwur wie in der DDR. Oder wie noch früher.

Rico wußte, und auch das war Thema in seiner Sendung, daß der Plan der Ministerin, würde er Wirklichkeit, die perfekte historische Revanche der Linken an ihren einstigen Gegnern war. Eine triumphierende Rache. Er wäre der Radikalenerlaß aus den Zeiten der linksradikalen RAF-Mörder als Bumerang, nur in verschärfter Form, und diesmal gegen Rechts. Und sicher könnte sie, allein durch die Kontaktschuld ihrer Ehe mit ihm, in Gefahr geraten.





Mitten aus dem Leben

Rico Hausmann, die Hauptfigur in Matthias Matusseks neuem Roman „Armageddon“, ist neunundsechzig, lange glücklich verheiratet, streng katholisch, einst gefeierter Reporter und Korrespondent eines Magazins, bekannt mit Gott und der Welt, heute freier Autor, wöchentlicher Radiofunker im Internet und gern als „umstritten“ bezeichnet. Oder anders: Rico Hausmann ist Matthias ­Matussek, sein Buch eine autofiktionale Erzählung. Gegliedert ist es formal in drei Teile: Der Nazi auf der Party – Bericht eines angekündigten Todes – Armageddon. Hervorgehobene Auftritte haben unter anderem Jan Fleischhauer, Benjamin von Stuckrad-Barre, Heiner ­Müller, Kai Diekmann, Jan ­Böhmermann. Nicht fehlen dürfen auch wiederholte Bezugnahmen auf einen von Matusseks Hausheiligen, den englischen Schriftsteller Gilbert Keith ­Chesterton.

Das Buch erscheint am Montag der kommenden Woche (26. Juni) im Handel. Wir danken dem Europa-Verlag und dem Autor für die freundliche Genehmigung zu dem Vorabdruck. (tha)

Matthias Matussek: Armageddon. Roman. Europa-Verlag, München 2023, gebunden, 288 Seiten, 20 Euro