© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 26/23 / 23. Juni 2023

Thalers Streifzüge
Thorsten Thaler

Trauerndes Herz: Vergangene Woche starb der US-amerikanische Bestsellerautor und Pulitzerpreisträger Cormac McCarthy im Alter von 93 Jahren. Er war ein Schriftsteller der Einsamkeit, wie es in einem Nachruf auf Zeit online hieß, „der seine Bücher in die Weltliteratur fallen ließ wie dunkle, kostbare Edelsteine“. Sein Werk sei „besessen von der Weltverfinsterung und der Verdammnis“. Tatsächlich werden mir zwei seiner Bücher unvergeßlich in Erinnerung bleiben: der Drogenthriller „Kein Land für alte Männer“ (2005) und der Endzeitroman „Die Straße“ (2006), beide unter den jeweiligen Originaltiteln „No Country for Old Men“ und „The Road“ kongenial verfilmt. In Anbetracht von McCarthys Lebenswerk schrieb JF-Autor Ludwig Witzani erst Ende März dieses Jahres im Kulturteil dieser Zeitung: „McCarthy ist ein unzeitgemäßer Prophet, der nicht müde wird, vor dem Untergang einer völlig aus dem Ruder gelaufenen Welt zu warnen und ihre Grausamkeiten und Zumutungen anhand einer Spezies darzustellen, die immer weniger Anhänger hat: dem weißen, leidenden, gescheiterten Mann im Mittleren Westen der USA“ (JF vom 31. März 2023). Möge er in Frieden ruhen.

Das Frauenmagazin „Barbara“ verabschiedet sich voller Melancholie, aber mit Stil und Würde.

„Man muß die Kunst vor Politik bewahren, weil man sie damit tötet. Ich versuche, Dinge zu empfangen, die überzeitlich relevant sind und die vielleicht dem kollektiven Unbewußten entspringen. Wenn sich die Klamauk-Zone des Politischen zwischen die Quellen dieser Schwingungen und meine Leinwand schiebt, dann muß ich zusehen, daß ich davon nicht allzuviel auffange. Denn wenn sich die Kunst zurückzieht, dann dringt die Ideologie ein in den engen Raum, der eigentlich der Kunst vorbehalten sein sollte.“ (Der Maler Neo Rauch in einem Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung vom 17. Juni 2023)


Es ist Abschied voller Melancholie, aber mit Stil und Würde. Dieser Tage ist die letzte Ausgabe der Zeitschrift Barbara erschienen, ein Frauenmagazin, das in den knapp acht Jahren seines Bestehens vor allem „kein normales Frauenmagazin“ (so der Untertitel) sein wollte. Vor knapp einem Jahr hatte ich mich hier an dieser Stelle dazu bekannt, gelegentlich mit großer Freude in den Heften zu schmökern (Streifzüge vom 22./29. Juli 2022). Nun also der Trennungsschmerz. Nach 77 Ausgaben ist Schluß mit lustig.  Im Februar hatte RTL Deutschland bekanntgegeben, daß mehr als 20 Printtitel des früheren Hamburger Verlags Gruner + Jahr eingestellt werden, darunter eben auch Barbara. Die Juli-Nummer trägt den Titel „Feierabend“ und kommt verständlicherweise etwas wehmütig daher, doch ohne in Weinerlichkeit zu verfallen. „Ein Fest ist erst zu Ende, wenn die Letzten gegangen sind. Deshalb tanzt dieses Heft noch mal kräftig auf dem Tisch!“ schreibt Barbara Schöne­berger in ihrem Editorial. Zuvor betont sie, sie sei traurig und hätte „auf jeden Fall weitergemacht – und in der Verlagskantine dann auch wirklich weniger gegessen und so weitere Kosten eingespart!“ Es ist dieser humorvolle Tonfall, der sich auf vielfältige Weise durch die Hefte zog und künftig nun auf dem Zeitschriftenmarkt fehlen wird.