© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 26/23 / 23. Juni 2023

Ausstellung zur jüdisch-deutschen Filmgeschichte in Sicht
Forschungslücke geschlossen
(ob)

Mit 200.000 Mark, die ihm der Verkauf des Nerzmantels seiner künftigen Schwiegermutter einbrachte, will Artur Brauner seinen Einstieg ins Filmgeschäft finanziert haben. Wie viele andere Anekdoten in seinen 1976 veröffentlichten Memoiren „Mich gibt’s nur einmal“ sei auch diese „Erinnerung“ zwar frei erfunden, wie der Journalist Eugen El in seinem Aufsatz über „Die jüdische Filmgeschichte der Bundesrepublik“ mutmaßt (Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte, 6/2023). Aber das habe dem Ansehen des in der Nachkriegszeit rasch zum führenden Produzenten in der Berliner Filmindustrie aufgestiegenen, aus Polen stammenden Shoah-Überlebenden nicht geschadet. Brauner ist der einzige Filmschaffende jüdischer Herkunft, der in der alten Bundesrepublik als solcher Prominenz erlangte. Andere, weitaus einflußreichere Gestalter der Unterhaltungsindustrie, wie etwa der aus dem ungarischen Judentum stammende Gyula Trebitsch, ein Produzent zahlloser TV-Serien, gehörte hingegen zu der Mehrheit Filmschaffender im „postnationalsozialistischen Deutschland“, in der Bundesrepublik wie in der DDR, die ihre jüdische Identität und ihren Beruf strikt trennten. Da sich das Gros der Produzenten und Regisseure wie Trebitsch öffentlich nicht als jüdisch positionierte, ist ihr Wirken von der Filmgeschichtsschreibung lange ignoriert worden. Diese Forschungslücke werde mit einem diesen Sommer endenden DFG-Projekt geschlossen sein, dessen Ergebnisse in die am 14. Juli eröffnete Ausstellung „Ausgeblendet – Eingeblendet. Eine jüdische Filmgeschichte der Bundesrepublik“ im Jüdischen Museum in Frankfurt am Main eingeflossen sind. 


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