© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 26/23 / 23. Juni 2023

Der Antiquariatsmarkt trotzt dem digitalen Zeitalter
Frische Konjunktur für alte Bücher
(wm)

Dem in seiner Branche gern gepflegten Kulturpessimismus  erteilte der Verband Deutscher Antiquare zur 60. Stuttgarter Antiquariatsmesse, die am vorigen Wochenende stattfand, eine demonstrative Absage. Nicht nur, daß „alte Bücher voll im Trend“ lägen, wie Markus Brandis, der Vorstandvorsitzende des Verbandes, frohlockt. Es zeichne sich auch ab, daß sich bibliophiler Nachwuchs formiert, den sein Verein seit 2022 mit einem Preis für junge Büchersammler fördert. Für Brandis, den Stefan Lüddemann, Ressortchef Kultur und Wissen der Neuen Osnabrücker Zeitung, in seinem Stimmungsbericht zur Messe zitiert (Flensburger Tageblatt vom 15. Juni), leben Totgesagte eben länger: Der Anbruch des digitalen Zeitalters leite keineswegs den Untergang der Buchkultur ein. Vielmehr registriere er eine „frische Konjunktur für alte Bücher“. Das Buch sei weiterhin ein „Symbol für Bildung und Prestige“, pflichtet ihm Corinna Norrick-Rühl bei, die an der Uni Münster „Buchstudien“ lehrt. Als „bleibendes Medium“ fest verankert im allgemeinen Bewußtsein, genieße es Wertschätzung über Generationen hinweg. Zumal sich auch nach ihrer Einschätzung die Szene der Büchersammler verjünge. Dafür spielten ausgerechnet digitale soziale Netzwerke eine wichtige Rolle. Gäbe es doch eine Konvergenz zwischen jungen Menschen, die im Internet ihre Lektüren empfehlen, und jenen, die antiquarische Bücher kaufen. Und unter ihnen wirkt vielleicht schon ein Nachfolger des legendären Antiquars Heribert Tenschert, des 76jährigen „Herrn der Bücher“, der zur Messe das Spitzenangebot machte: eine Lutherbibel für 1,25 Millionen Euro. 


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