Er hat tatsächlich geschafft, was ihm vor ein paar Monaten viele nicht wirklich zugetraut hätten: Thomas Strobl (CDU) hat politisch überlebt. Daß Baden-Württembergs Innenminister weiterhin an der Spitze seines Ressorts steht und stellvertretender Ministerpräsident ist, verdankt er eher den Grünen als seiner eigenen Partei, sind manche Beobachter überzeugt. Denn nur durch die Zahlung einer sechstelligen Geldauflage hatte die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen gegen Strobl eingestellt. Die Behörde warf ihm vor, Inhalte aus dem Verfahren gegen den Inspekteur der Landespolizei durchgestochen und einen Journalisten angestiftet zu haben, daraus zu zitieren.
Vielen Fraktionskollegen war die Sache äußerst peinlich – zumal alles detailliert in einem Untersuchungsausschuß des Landtags zur Sprache kam.
Aber Landesvater Winfried Kretschmann braucht Strobl an seiner Seite, weil der treu zum grün-schwarzen Projekt steht, was man nicht über jeden Christdemokraten im Südwesten sagen kann. Und weil – wie so häufig – die zornigen Schwarzen der Mut zur Palastrevolution verließ, blieb alles unter Grollen beim alten. Doch immerhin muß der Vize-Ministerpräsident nun einen gewissen Preis für dieses Stillhalten zahlen. Er bekam vergangene Woche einen neuen Staatssekretär, den erfahrenen Innenexperten Thomas Blenke. Der Abgeordnete aus Calw war schon einmal im Gespräch für dieses Amt; da zog Strobl allerdings den früheren Landtags-Vizepräsidenten Wilfried Klenk vor. Kein Wunder, denn Blenke gilt als Vertrauter des einstigen Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU), dem Strobl in herzlicher Abneigung verbunden ist. Doch nun muß er nehmen, wen die Fraktion wünscht.
Unterdessen könnte die Affäre um den suspendierten Polizei-Inspekteur neuen Ärger für den Innenminister bedeuten. Zum einen breiten Lokal- und Boulevardmedien genüßlich jedes Detail aus dem laufenden Prozeß gegen den einstigen höchsten Schutzmann im „Ländle“ aus, der weiblichen Untergebenen auch schon mal Fotos seines Geschlechtsteils geschickt haben soll und vor Gericht steht, weil ihn eine Beamtin wegen sexueller Übergriffe anzeigte. Nach Aussage von Uniformierten, die täglich ihren Dienst ordentlich verrichten, lasse das alles den Respekt ihnen gegenüber teilweise deutlich sinken. „Bringt erst mal euren Laden in Ordnung, bevor ihr hier Ordnungswidrigkeiten verfolgt“, werde den Beamten dann entgegengehalten, berichtete der Korrespondent der FAZ.
Zum anderen kommt immer mehr ans Licht, daß bei der Auswahl des seinerzeit ungewöhnlich jungen Topbeamten für diesen Posten wohl nicht nur Eignung, Leistung und Befähigung ausschlaggebend waren, sondern parteipolitische Erwägungen. Eigentlich ist es üblich, ältere erfahrene Beamte auf diese Stelle zu setzen, die als Endpunkt einer Karriere in der Polizeiführung gilt. Doch an der Spitze des Ministeriums wollte man unbedingt den inzwischen Suspendierten, der als gut vernetzt in der CDU galt.
Ob der Mann sich wirklich strafbar gemacht hat, als er mit der Polizistin, die er für eine Beförderung beurteilen sollte, intim wurde, ist ungewiß. Für Strobl bleibt die Affäre so oder so ein Problem.