© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 24/23 / 09. Juni 2023

Krasser grüner Rückfall in den Kulturrassismus
Historisch singuläre Tat
(ob)

Selbst wer das bescheidene geistige Potential von Annalena Baerbock und Claudia Roth gütig in Rechnung stellt, dürfte ihren kurz vor Weihnachten 2022 in der nigerianischen Hauptstadt Abuja hingelegten Auftritt gleich in mehrfacher Hinsicht schmerzhaft als intellektuelles Waterloo  empfunden haben. Für den Literaturwissenschaftler Peter J. Brenner ist die anläßlich des Festaktes der fragwürdigen Rückgabe von zwanzig sogenannten Benin-Bronzen vorgetragene peinliche Rhetorik aber zuallererst Ausdruck eines von Roth auf die Nulldiät von „Barrierefreiheit, Diversität, Geschlechtergerechtigkeit und Nachhaltigkeit“ gesetzten Kulturverständnisses. Nur deshalb hätten die Damen, die den Begriff „deutsches Volk“ für „rechtsradikal“ halten, in Abuja treuherzig erklären können, man schenke dem „nigerianischen Volk“, einer künstlichen Einheit aus 430 Ethnien, die Bronzen, zwecks moralischer Wiedergutmachung und um ihm einen Teil der eigenen Identität zurückzugeben. Kunstwerke zu übereignen, die England und nicht Deutschland zur Kolonialzeit gestohlen hat, um dem Empfängerland ein Selbstbewußtsein wiederzugeben, das es im Unterschied zu den Gebern gar nicht verloren hat, „das ist wahrscheinlich schon eine historisch singuläre Tat“. Die werde durch den unterstellten Normalfall gekrönt, ethnisch definierten nationalen Kulturen nur ihnen zugehörige „Schutzgüter“ zuzuordnen. In den über die Politische Korrektheit wachenden „einschlägigen Kreisen“ müßten Baerbock und Roth für einen derart krassen Rückfall in den hierzulande unter Rassismus-Verdacht stehenden „Essentialismus“ eigentlich in Sack und Asche gehen (Tumult 2/2023). 


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