Mit Lärm am Himmel ist zu rechnen. Kommenden Montag startet „Air Defender 23“, zu deutsch Luftverteidiger, das größte Luftwaffen-Manöver der Nato. Knapp zwei Wochen lang werden etwa 250 Flugzeuge aus 25 Nationen über Deutschland und von deutschen Stützpunkten aus den Ernstfall trainieren. Die Übung sei einem „Artikel-5-Beistandsszenario nachempfunden“, heißt es dazu von der Bundeswehr. Mit anderen Worten: Geübt wird der Fall, daß ein Nato-Mitglied angegriffen wird und andere Staaten des Bündnisses an dessen Seite in den Krieg ziehen.
Seitens der Luftwaffe nehmen 64 Maschinen teil: 30 Eurofighter, 16 Tornados, fünf Transportflugzeuge vom Typ A400M sowie drei A330 Tanker und vier leichte Hubschrauber EC145. Mit dabei sind aber auch zahlreiche andere Muster aus den Partnerstaaten. Aus Amerika kommen zahlreiche Maschinen von der Nationalgarde aus den Bundesstaaten. Darunter auch Exemplare der nur knapp ihrer Ausmusterung entgangenen Erdkampfflugzeuge des Typs A-10, des legendären „Warzenschweins“. Auch B1-Bomber, dazu jede Menge Transport-, Tank- und Aufklärungsmaschinen werden eingesetzt. Alles soll so realistisch wie möglich ablaufen, nach dem Prinzip „Train as you fight“ (übe, wie du kämpfst).
Möglichst ohne Störung
für zivilen Flugverkehr
Stationiert sind die Gäste unter anderem auf dem Fliegerhorst Schleswig-Jagel in Norddeutschland, wo neben britischen Eurofightern unter anderem auch amerikanische und türkische F-16-Jets starten und landen werden, dazu ungarische Saab-Gripen sowie F-18-Maschinen des Nato-Neumitglieds Finnland. Im Süden sind Spanier in Neuburg an der Donau und Griechen in Lechfeld. Hauptumschlagplatz für Treibstoff und Transporte ist der Fliegerhorst im niedersächsischen Wunstorf.
Auch wenn das Ganze aktuell unter dem Eindruck des Angriffs Rußlands auf die Ukraine stattfindet, reichen der Beschluß und die Planungen dieser Großübung weiter zurück. Bereits 2018 hatte man von deutscher Seite mit den Planungen begonnen – und dafür zwei ursprünglich miteinander konkurrierende Ansätze von der Luftwaffenführung vereint. Erst dann wurden die internationalen Teilnehmer eingeladen, sich für das Mitmachen zu bewerben. Mehrere Treffen und Konferenzen mußten im Vorfeld stattfinden. Schließlich galt es zu klären, wer mit wie vielen Luftfahrzeugen kommt, wer wo während der Übung stationiert wird und was die Teilnehmer – es sollen insgesamt etwa 10.000 Soldaten sein – an Unterkünften, Büros, Versorgung, Informationstechnik bis hin zu Sanitätseinrichtungen brauchen.
Damit so viele Flugzeuge auf einmal überhaupt betankt werden können, haben Spezialpioniere der Bundeswehr gemeinsam mit einem kleinen Kontingent ungarischer Pipeline-Spezialisten in Wunstorf riesige provisorische Treibstofflager und Tankbecken errichtet.
Die Belastungen für die deutsche Bevölkerung sollen so gering wie möglich ausfallen, versprechen die Organisatoren. Nicht tiefer als 2.500 Meter werde geflogen, hinauf geht es bis 15.000 Meter und darüber. Genutzt würden die drei Übungsräume zeitversetzt, um die Einschränkungen für den zivilen Flugverkehr gering zu halten. Auf Ausfälle soll sich niemand einstellen müssen, höchstens auf Verspätungen. Nachts und am Wochenende finden keine Manöverflüge statt.
Und auf eine weitere Einschränkung muß man sich diesmal nicht gefaßt machen, die vor knapp 40 Jahren, mitten in der „heißen Phase“ des Konflikts um die Nachrüstung und den Nato-Doppelbeschluß noch hinzunehmen war. Da wurde während der „Operation Highway 84“ ein ganzes Stück der Autobahn A 29 bei Ahlhorn im Oldenburgischen gesperrt und als Notlandeplatz für Düsenjäger hergerichtet. Dank einer Geraden von mindestens eineinhalb Kilometern sowie abschraubbarer Leitplanken ohne Grünstreifen ließ sich die Fahr- in eine Start- und Landebahn umwandeln.
Ansprechstelle bei Fluglärm ist das Luftfahrtamt der Bundeswehr, das unter der kostenlosen Telefonnummer 0800/8620730 oder FLIZ@bundeswehr.org erreicht werden kann.