Die Aussagen des sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer ließen aufhorchen: Er befürworte eine Änderung des Asylgrundrechts, um den Zuzug von Asylbewerbern nach Deutschland zu begrenzen und um eine Obergrenze festzulegen, erklärte der CDU-Politiker in der vergangenen Woche. Vor dem Hintergrund der hohen Migrantenzahlen müsse Deutschland handeln, auch wenn es dazu einer Grundgesetzänderung bedürfe.
Das klingt nach einer starken Ansage. Selbst an das Grundgesetz will der Görlitzer ran, um die hohen Asylbewerberzuzüge drastisch zu reduzieren. Man könnte glauben, er habe anders als viele seiner Kollegen verstanden, daß es nicht um mehr Unterbringungsplätze oder mehr Geld geht, sondern um weniger Asylbewerber. Man könnte auch sagen, er wolle keine Mühen scheuen, um das Problem der Masseneinwanderung in den Griff zu bekommen. Notfalls auch mit Grundgesetzänderung.
Nun ist das keine Kleinigkeit. Man braucht eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat, um die Verfassung zu ändern. Es ist deshalb als Vertreter einer Oppositionspartei leicht, etwas zu fordern, wenn man weiß, daß es politisch nicht realistisch ist.
Entscheidender ist jedoch die Frage: Brauchen wir überhaupt eine Änderung des Grundgesetzes, um den Zuzug von Asylbewerbern zu verringern? Nein, wir brauchen sie nicht. Man sollte sich die Mühe machen, ins Grundgesetz zu schauen. Artikel 16a Abs. 2 Satz 1 besagt ausdrücklich: Asylrecht genießt nicht, wer aus einem sicheren Drittstaat nach Deutschland kommt. Sichere Drittstaaten sind EU-Staaten und auch die Schweiz. Und weil Deutschland nur von sicheren Drittstaaten umgeben ist, haben nach dem Grundgesetz Asylbewerber nur dann einen Anspruch auf Asyl, wenn sie nicht über diese Staaten zu uns kommen, das heißt, wenn sie über einen deutschen Flughafen oder Seehafen einreisen. Und für die Migranten, die auf dem Luftweg zu uns kommen, gibt es das Flughafenasylverfahren, das im Transitbereich durchzuführen ist. So soll ein Mißbrauch des Asylrechts bei der Einreise verhindert werden.
Der Hintergrund der für die Asylsuchenden harten Drittstaatenregelung liegt darin, daß sie sich nicht den Staat aussuchen, der für sie die besten Lebensbedingungen bietet, sondern in dem Staat Schutz vor Verfolgung suchen, der am nächstgelegenen ist. Der Gesetzgeber des Grundgesetzes vertrat die Auffassung, daß Flüchtlinge nicht um die ganze Welt reisen sollten, weil Deutschland die größten Sozialanreize bietet.
Und diejenigen, die tatsächlich einen Anspruch auf Asyl in Deutschland haben, dürften sich nach der Vorstellung des Gesetzgebers nur so lange in Deutschland aufhalten, wie die Verfolgungssituation im Herkunftsstaat anhält. Entfällt der Asylgrund, weil sich die Situation im Herkunftsstaat geändert hat, erübrigt sich grundsätzlich auch das Asylrecht, das grundsätzlich nur ein temporäres Aufenthaltsrecht gewähren soll.
Wir brauchen deshalb keine Änderung des Grundgesetzes. Was will man noch mehr in das Grundgesetz hineinschreiben, um die Zahl der Asylsuchenden zu reduzieren? Die Millionen Migranten, die in den letzten Jahren zu uns gekommen sind, sollten nach dem Willen des Grundgesetzes nie hier sein. Sie werden sich fragen: Weshalb erhalten diese Personen dann trotzdem ein Asylverfahren? Es liegt nicht am Grundgesetz, sondern an der Politik. Die Politik ignoriert die Drittstaatenregelung mit dem Argument, es gehe letztendlich doch nicht um das Asylrecht des Grundgesetzes, sondern um den Flüchtlingsschutz nach der europäischen Flüchtlingsrichtlinie und der Genfer Flüchtlingskonvention.
Aber auch danach dürften die Asylsuchenden nicht nach Deutschland einreisen und in Deutschland auch kein Asylverfahren erhalten, da nach der Dublin-III-Verordnung die EU-Staaten, die die Einreise in die EU zugelassen haben, für das Asylverfahren zuständig sind. Und das sind alles sichere Drittstaaten.
Das deutsche Recht gibt auch klare Anweisungen für Zurückweisungen von Asylsuchenden an der Grenze. Nach Paragraph 18 des Asylgesetzes sind Asylbewerber aus sicheren Drittstaaten an der Grenze zurückzuweisen. Da das europäische Außengrenzsystem offenkundig zusammengebrochen ist, weil einige EU-Staaten mit Außengrenzen keinen Grenzschutz betreiben, sondern die Migranten durchwinken, ist die Zurückweisung nach dieser Vorschrift notwendig.
Wir wissen, daß Zurückweisungen von Asylsuchenden an unseren Grenzen grundsätzlich nicht stattfinden, weil die Politik dies nicht will. Es war Angela Merkel, die der Bundespolizei untersagte, die Migrantenströme an der Grenze zurückzuweisen. Horst Seehofer sprach als bayerischer Ministerpräsident von einer „Herrschaft des Unrechts“, und er versuchte 2018, als er Innenminister wurde, diese Herrschaft des Unrechts zu beenden, indem er mit seinem Masterplan zur Migration die Zurückweisung an der Grenze durchsetzen wollte. Merkel lehnte ab und Seehofer kapitulierte, weil er es letztlich nicht zu einem Fraktionsbruch kommen lassen wollte.
Die derzeitige ökosozialistische Bundesregierung setzt Merkels Kurs der offenen Grenzen fort und denkt nicht einmal daran, die ankommenden Personen an der Grenze zurückzuweisen. Seehofers damalige Forderung nach Wiedereinführung von Grenzzurückweisungen und nach einer Beendigung der Herrschaft des Unrechts wird von der Union heute nicht wiederholt. Wenn es Kritik aus der CDU/CSU an der Migrationspolitik gibt, dann in erster Linie daran, daß die Kommunen allein gelassen würden und der Bund zu wenig Geld und Ressourcen bereitstelle. Als ob das das zentrale Problem sei.
Daß diese Menschen zu Millionen ins Land gelassen werden, obwohl sie hier nach dem Grundgesetz nichts zu suchen haben, weil sie in Deutschland kein Asylrecht erhalten dürfen, wird dagegen nicht kritisiert. Und es wird noch nicht einmal die Frage gestellt, warum die Bundesregierung und die Regierung Merkel diese Millionen Menschen ohne Grund hat ins Land einreisen lassen. Die Antwort kann man sich leicht geben: es geht nicht um Flüchtlingsschutz, sondern um das linke anti-deutsche ideologische Projekt einer Gesellschaftsveränderung durch Migration.
Die Aussage von Kretschmer, es müsse das Grundgesetz verändert werden, um die Zahl der Asylsuchenden zu reduzieren, ist Augenwischerei. Es liegt nicht am Grundgesetz, daß diese Menschen zu uns kommen, sondern an einer Politik, die das Grundgesetz nicht anwendet. Nicht das Grundgesetz muß geändert werden, sondern die Politik.