Unterwegs im Supermarkt. Während ich versuche, die Einkaufsliste abzuarbeiten ohne mein Budget zu sprengen, fallen mir bunte Werbetafeln zwischen den Regalen auf. Bei näherer Betrachtung stellen sich die vermeintlichen Sonderangebote für mich als nicht nutzbar heraus, da sie nur zusammen mit der Kaufhaus-App gültig sind.
Etwas verwundert angesichts der Tatsache, daß es selbst bei Lebensmitteln nur Rabatt gibt, wenn ich persönliche Daten preisgebe, schiebe ich meinen Wagen weiter Richtung Ausgang. Lediglich zwei Kassen sind besetzt. Ich wähle daher die elektronische SB-Alternative und beginne meine Waren einzuscannen. Neben mir bemerke ich einen älteren Herrn. Hilfesuchend schaut er sich um, bis sich eine Angestellte seiner annimmt.
„Können Sie trotz des Fortschritts irgend etwas langsamer oder entspannter angehen?“
Auf dem Parkplatz sehe ich den Mann erneut. Er sitzt auf einer Bank. „Brauchen Sie Hilfe?“
„Danke, aber ich ruhe nur ein wenig aus, bevor ich mich auf den Heimweg mache“, entgegnet er freundlich. Wir kommen näher ins Gespräch. „Seit meine Frau nicht mehr da ist, habe ich Probleme, die vielen Veränderungen zu überblicken“, erzählt er. „Besonders mit der ganzen Elektronik komme ich einfach nicht mehr mit.“ Wofür das überhaupt alles gut sein solle.
Gerade als ich ihm diese Frage zu beantworten versuche, legt er nach: „Oder hatten Sie jemals das Gefühl, daß Sie in den letzten Jahren, trotz des Fortschritts, irgend etwas langsamer oder entspannter angehen konnten?“
„Nicht wirklich“, lautet meine knappe Antwort. Plötzlich frage ich mich, was im Bereich der Digitalisierung wohl als nächstes kommen mag: digitale Währung, Abschaffung des Bargeldes? Bevor ich mir weiter meinen Kopf zerbrechen kann, wirft er ein: „Die Qualität unseres Lebens liegt allein in unserer eigenen Entscheidung. Anstatt immer alles mitzumachen, was machbar ist, sollte es auch möglich sein, mal nein zu sagen.“
Bevor ich mich der Problematik widmen kann, inwieweit wir bei diesen Entscheidungen überhaupt noch frei sind, wird es Zeit, sich zu verabschieden. „Kann ich Sie noch ein Stück mitnehmen?“, frage ich nach.
„Ich nehme den Bus. Mit dem komme ich zum Glück noch gut zurecht, denn der fährt ja nicht elektrisch.“ Wir müssen beide lachen. Mit einem nüchternen Schmunzeln fügt er hinzu: „Wer weiß, wie lange noch.“