Vielen Lesern dürfte das Problem bekannt sein, wie schwer es ist, einem nahestehenden Menschen oder guten Freund eine Bitte abzuschlagen. Man sucht nach Ausreden wie Zeit- oder Geldnot, traut sich aber beispielsweise fast nie zu sagen, daß man vielleicht gerade jetzt keine Lust verspürt, der Bitte nachzukommen. Das Thema scheint jedenfalls so wichtig zu sein, daß sich sogar das Philosophie Magazin in seiner aktuellen Ausgabe (4/2023, Juni/Juli) damit beschäftigt. Leider ist der Leser nach den diversen Beiträgen auch nicht viel klüger. Das Titeldossier verspricht mehr, als es hält, denn außer der Erkenntnis, daß die letzten Jahrzehnte eine Zeit des exzessiven Jasagens waren, und für Denker wie Theodor W. Adorno erst mit dem Neinsagen das Denken anfängt, weil es die Unterbrechung eingeschliffener Abläufe und Räume schafft, bleiben die Ratschläge doch recht trivial. So kann das Nein kategorial sehr verschieden und mehrdeutig sein, souverän oder resignativ, sogar depressiv. Oft wird aus einem selbstbewußten „Ich will nicht mehr“ ein überfordertes „Ich kann nicht mehr“. Dann ist die kontemplative Variante besser: Sich an den Wegesrand zu setzen und in aller Ruhe die Landschaft zu betrachten. Oder man hält sich an die von Platon übermittelte Weisheit des Sokrates, um festzustellen: „Ich weiß, daß ich nichts weiß!“ Immerhin sagt man damit nein zu Gewißheiten, hinterfragt den Zeitgeist und wird sich vielleicht seines geistigen Eros gewiß.
Wenig ertragreich ist auch die Diskussion zwischen der Autorin und Sozialdemokratin Juli Zeh und der Politikerin Sahra Wagenknecht. Zwar ist man sich einig über die Versäumnisse linker Politik, doch bereits beim „richtigen Umgang mit rechts“ werden Unterschiede deutlich. Während Zeh mit dürftigen Argumenten bemüht ist, die linken Lagerkämpfe kleinzureden, beharrt Wagenknecht darauf, daß die AfD das zulässige Meinungsspektrum definiere und dem Argument, „Beifall von der falschen Seite zu bekommen“, nichts abgewinnen kann, da dieser Vorwurf inhaltliche Auseinandersetzungen ersetze. Zudem seien „die Grünen, gemessen an dem realen Schaden, den sie anrichten, die gefährlichste Partei.“
Der kamerunische Philosoph Achille Mbembe beschreibt den Wert afrikanischer Mythen für die Bewältigung der ökologischen Katastrophe, beschäftigten sich viele der Ahnenmythen doch mit der Bewohnbarkeit der Erde. Dazu gehöre die Reaktivierung des Animismus, Berge, Flüsse, Tiere und Pflanzen als „natürliche Personen“ zu erkennen, und die westliche Trennung zwischen der „Welt der Menschen“ und der „Welt der Dinge“, in der Menschen, Geister, Tiere und Materialien sich durchdringen, zu überwinden.
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