Die jüngste Absage kam von der Neiße. Der Oberbürgermeister von Görlitz teilte mit, die Stadt werde sich nicht wie geplant um den „Tag der Sachsen“ 2024 bewerben. Es sei nicht gelungen, dem Stadtrat ein überzeugendes Konzept vorzulegen, wie das Fest trotz üppiger Zuschüsse aus Dresden finanziert werden kann. Auch aus dem nahen Zittau wird es wegen „unkalkulierbarer Kosten und Risiken“ keine Bewerbung geben. Ein derartiges Jubelfest dürfe nicht „investive Projekte einer Kommune in Frage stellen“, hatte das dortige Stadtoberhaupt schon 2020 festgelegt. Damals fiel das Spektakel ohnehin aus, genau wie 2021, als Freital an der Reihe gewesen wäre – die Regierung hatte den Sachsen jegliches Feiern in der Öffentlichkeit pandemiebedingt verboten.
Mit Frankenberg sagte 2022 dann erstmalig eine bereits gekürte Gastgeberstadt ab; der Stadtrat hatte noch einmal genau kalkuliert und dann dankend abgewinkt. Ersatz fand sich nicht. Eine erneute Bewerbung sei „derzeit nicht denkbar“, ließ der parteilose Oberbürgermeister der im Speckgürtel Dresdens gelegenen Stadt mitteilen. Und noch Ende Januar drohte Aue-Bad Schlema, das für diesen September geplante Fest wegen allgemeiner Teuerungen und schärferer Sicherheitsforderungen des Gesetzgebers abzusagen. Die Organisatoren verwiesen auf eine Lücke von zwei Millionen Euro im Budget. Eine Steilvorlage für die Opposition im Landtag, „Sollte ein Fest, das der Freistaat ausrichtet, nicht auch vollständig vom Freistaat bezahlt werden?“ sinnierte der aus Aue stammende Linken-Fraktionschef Rico Gebhardt.
Dies wird sich auch die seit 1990 regierende CDU fragen müssen. Kann sie das Konzept so überarbeiten, daß für die Ausrichtergemeinden am Ende ein Mehrwert steht, wie es FDP-Landesvize Thomas Kunz anmahnt, oder muß sie die Reißleine ziehen und sich von einem Stück Tradition trennen, das vielleicht nicht mehr zeitgemäß ist? Andererseits wurde der „Tag der Sachsen“ von Ministerpräsident Kurt Biedenkopf, dem Übervater der Sachsen-Union, erfunden. „König Kurt“ wollte so unter der Bevölkerung des wiedergegründeten Bundeslandes ein Bewußtsein für die Vielfalt und den Reichtum der einzelnen Regionen schaffen. 1992 fand der erste „Tag der Sachsen“ in Freiberg statt, die größte Resonanz erreichte er bisher im Jahr 2000 in Zwickau mit 595.000 Besuchern. Damit das größte Volksfest Sachsens nicht in diesem Jahr erneut ausfällt, hat Sachsen „ganz bewußt jetzt noch was draufgelegt“, so Landtagspräsident Matthias Rößler (CDU), der dem Kuratorium „Tag der Sachsen“ vorsteht: Die eine Million Euro Zuschuß sei aber „auch die Grenze unserer Möglichkeit“. Bekenne sich die kommunale Familie, die einen Großteil finanziere, zu dem Fest, „geht es weiter, wenn nicht, haben wir ein Problem“.
Daß das diesjährige Fest kleiner und bodenständiger wird, hängt auch mit der prekären Finanzsituaiton der Vereine zusammen. Wollten 2020 noch 384 anreisen, haben sich für dieses Jahr lediglich 265 angemeldet. Auch Sponsoren finden sich kaum noch. „Mittlerweile kommen Brauereien auf uns zu und fragen, ob wir Geld dazugeben können, wenn sie dort ausschenken“, beklagte sich Oberbürgermeister Heinrich Kohl (CDU).