© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. KG www.jungefreiheit.de 23/23 / 02. Juni 2023

Die Daten-Krake
Worum es beim neuen Gesetz zur Wärmeplanung wirklich geht
Markus Brandstetter

Der Grüne Robert Habeck ist der schlechteste deutsche Wirtschaftsminister seit Gründung der Bundesrepublik. Seit Habeck dieses Amt im Dezember 2021 angetreten hat, sorgt er für Durcheinander und Chaos in Wirtschaft und Gesellschaft. Noch nie seit 1949 hat ein Wirtschaftsminister in so kurzer Zeit so viel Schaden angerichtet.

Angefangen hat es, als Habeck nach zwei Monaten im Amt die KfW-Förderung für Effizienzhäuser stoppte. Das hat beim Neubau von Wohnhäusern von einem Tag auf den anderen für chaotische Zustände und bundesweite Verwirrung gesorgt. Durch Habecks Förderstopp wurden 300.000 Wohnungen nicht wie geplant gebaut oder modernisiert. Die Rechnung für Habecks ersten Streich kam prompt ein Jahr danach: 400.000 Baufertigstellungen im Jahr war das Ziel der Bundesregierung gewesen, je 192.000 waren es dann 2021 und 2022 tatsächlich. Eine Katastrophe, wenn man die durch Ukrainekrieg und Migrationsdruck ausgelöste frenetische Nachfrage nach Wohnraum bedenkt.

Danach folgte sogleich der nächste Streich, Habecks Heizungsgesetz. Geht es nach Habeck, dann müssen ab dem nächsten Jahr alle neu eingebauten Heizungen, auch solche in Bestandsimmobilien, mit mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energien laufen. Sowas geht nur mit einer elektrischen Wärmepumpe, die Umweltwärme aus Boden, Luft oder Abwasser nutzt. Was im echten Leben bedeutet: alle existierenden Öl- und Gasheizungen, und 2021 waren das immerhin drei Viertel aller Heizungen, müssen bei einem Austausch zukünftig durch Wärmepumpen ersetzt werden, die pro Stück 30.000 Euro kosten.

Millionen Immobilienbesitzer müssen also ab dem nächsten Jahr mit Kosten in Höhe eines Mittelklassewagens rechnen, was sich viele nicht leisten können, weshalb sie auf Erspartes und Kredite zurückgreifen müssen. Dies wird die ohnehin schon kostspieligen Neubauten weiter verteuern, die Baufertigstellungen nochmals verringern und die bereits hohen Mieten weiter in die Höhe treiben, weil Mieter immer die Kosten der Vermieter mitzahlen, ganz egal, ob Mieten gebremst, gedeckelt oder sonstwas sind. Ganz nebenbei hat Habecks hastig zusammengenagelter Gesetzesentwurf eine Panik unter Immobilienbesitzern ausgelöst, die die vom Minister intendierte „Dekarbonisierung“ im Gebäudebereich schon jetzt in Frage stellt: Seit März kaufen Immobilienbesitzer neue Gas- und Ölheizungen wie verrückt. Wer kann, läßt sich jetzt noch eine Verbrennungsheizung einbauen, bevor es zu spät ist, und hofft, daß die dann 30 Jahre lang läuft.

Habecks dritter und bislang letzter Streich ist sein massivster: In einem neuen „Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze“ verlangt er in Zusammenarbeit der federführenden Bauministerin Geywitz, daß die Bürger offenlegen, wie sie in ihren Häusern heizen, wie hoch ihr Energieverbrauch ist und wie es mit der Dämmung ihrer Eigenheime aussieht. In grün-rotem Amtsdeutsch heißt es, daß die Kommunen künftig „gebäudescharfe jährliche Endenergieverbräuche leitungsgebundener Energieträger der letzten drei Jahre in Kilowattstunden pro Jahr“ inklusive Adresse, Nutzung und Baujahr jeder Immobilie erfassen müssen.

Dieser neueste Gesetzesentwurf ist ebenso absurd und überflüssig wie sinister und dystopisch. Absurd deshalb, weil Geywitz’ und Habecks Wunsch nach staatlich verordneter Energiekontrolle ein weiteres bürokratisches Monster schaffen würde in einem Land, das an bürokratischen Ungeheuern nicht arm ist. Alle deutschen Kommunen von Rügen bis Konstanz, von Flensburg bis Berchtesgaden, die bislang nicht in der Lage waren, ihre Verwaltung zu digitalisieren, müßten von jetzt auf gleich den Energieverbrauch inklusive Energieträger jeder Immobilie im Land erst in Datenbanken erfassen und dann nach Berlin melden. Ein Ding der Unmöglichkeit.

Überflüssig ist das Gesetz, weil alle Daten längst vorhanden sind. Bereits bei den Gebäude- und Wohnungszählungen 2011 und 2022 wurde vom Statistischen Bundesamt Heizungsart und Energieträger für jede Immobilie abgefragt. Außerdem gibt es für jedes Gebäude einen Energieausweis, der bei Verkauf oder Neuvermietungen vorgelegt werden muß. Und dann hätten wir auch noch die Kaminkehrer, die alle Heizungen jährlich auf CO2-Gehalt, Sauerstoffgehalt und Abgasverlust überprüfen und bei Überschreitung gesetzlicher Grenzwerte sogar stillegen können. Statistiker können mit all den vorhandenen Daten auf der Basis von Stichproben den Energieverbrauch jeder Immobilie fast auf den Punkt genau ausrechnen. Daten sind also nicht das wirkliche Problem.

Was ist also Habecks wirkliches Problem, wenn er gebäudescharfe Energieverbräuche für jedes Haus haben will? Die Ampel-Koalition will diese Daten deshalb, weil der von ihr initiierte Umbau Deutschlands zum Land der Wärmepumpen zu Engpässen bei der Stromversorgung führen wird. Wärmepumpen arbeiten nämlich mit Strom, und der wird knapp werden, wenn bald überall die neuen Öko-Heizungen laufen. Deshalb plant die Bundesnetz-agentur, schon im kommenden Jahr Strom zu rationieren, soll doch im Zug der Energiewende der Strombedarf laut Prognosen um mehr als zehn Prozent steigen. Dafür aber sind die deutschen Netze nicht ausgelegt. Habeck und Geywitz geht es mit der Datensammelwut also nicht um Natur, Umwelt und Klima, sondern um einen Eingriff des Staates in das Leben der Bürger, wie es noch nie einen gab – ein Eingriff, an dessen Ende weniger Strom, weniger Wärme und weniger Lebensqualität für alle stehen wird.

Die Grünen waren immer die Partei der Verbote. Sie waren nie für, sondern immer nur gegen etwas. Ihre Parole war nie Freiheit, sondern stets mehr Staat und mehr Vorschriften. Aber das, was Habeck mit seinem Heizungsgesetz plant, ist auch für die Grünen ein Novum. Hier wird ein Wärmepumpen-Sozialismus vorbereitet, der einen fatalen, einen unumkehrbaren Schritt in Richtung Staatswirtschaft darstellt, wie es ihn seit Gründung der Bundesrepublik nie gegeben hat. Denn eines sollte klar sein: Wer die Energieversorgung bis zum letzten Haus kontrolliert, der kontrolliert auch die Bürger.