Die von Philanthropen finanzierte und von der Justiz mit Samthandschuhen angefaßte „Letzte Generation“ ist nicht totzukriegen. Die „Klimakleber“ blockieren Straßen, bremsen mit Mietwagen den Autobahnverkehr aus und verunstalten Denkmäler, Kunstwerke oder Ministerien. Die Endzeitsekte verlangt ein 9-Euro-Ticket und Tempolimits. Das klingt harmlos. Doch was bedeutet ihre „Umkehr des Wirtschaftswachstums“ zur Klimarettung? Der Siegener Wirtschaftsprofessor Helge Peukert hat das in seinem Buch „Klimaneutralität jetzt!“ (Metropolis-Verlag 2021) erläutert und im nun zu Ende gedachten 66-Punkte-Programm ausbuchstabiert.
Die „Letzte Generation“ müsse Verbote beim Bauen, Autofahren, Reisen und Heizen auf die Agenda setzen. Durchgesetzt werden sollten die über Notstandsgesetze. „Blockaden, Moral und naiv wirkende Appelle an die Bundesregierung werden ansonsten womöglich zu einem baldigen Scheitern der Letzten Generation führen“, warnt der 66jährige. Gesellschaftsräte seien kein Ersatz: „Sollten sie tatsächlich die Mehrheitsmeinung in der Bevölkerung wiedergeben, träten sie derzeit für das Weiterlaufen der Atomkraftwerke ein. Glaubt man wirklich, daß das Politestablishment ihr nicht genehme Experten auswählt?“, fragt Peukert, der die Klima-Paniker von „Scientist Rebellion“ unterstützt.
Benzin- und Dieselverbrauch für alle Bürger in fünf Jahren verboten
In seinem Klima-Programm, das in der linksgrünen Zeitschrift OXI (5/23) abgedruckt wurde, formuliert Peukert drei Hauptziele: die Halbierung des Energieverbrauchs, die Reduzierung der Stoffströme um 90 Prozent sowie das Ende des Flächenverbrauchs. Dies müsse innerhalb der nächsten fünf Jahre umgesetzt werden. „Der ökomodernistische Traum ist ausgeträumt. Nach jahrzehntelanger Verschleppung bedarf es sofort der Einführung von Notstandsgesetzen“, verlangt Peukert. Der Benzin- bzw. Dieselverbrauch müsse auf 500 Liter pro Kopf und Jahr begrenzt werden, in fünf Jahren soll er verboten werden. Stattdessen soll ein kostenloser ÖPNV eingeführt werden. Dem Rad- und Schienenverkehr sei absoluter Vorrang einzuräumen. Mit Parlamentarismus, Wahlen und Volksabstimmungen ist das nicht durchzusetzen. Aber Europa sei „bereits bei 2,2 Grad Erderwärmung angelangt“, und wenn es so weitergehe, werde es ohnehin „zu einem Außerkraftsetzen der Demokratie über längere Zeiträume kommen“. Man bräuchte daher „eine Eine-Welt-Überlebensparteienallianz unter Ausklammerung des üblichen kleinkarierten Parteiengezänks, idealerweise unter Einschluß der EU, Chinas, den USA, Japans, Rußlands und Indiens“. Da dies derzeit unrealistisch sei, wäre eine Notstandsregierung wenigstens auf nationaler und EU-Ebene anzustreben. Das sei keine „Öko-Diktatur“: Die angloamerikanische Wirtschaftpolitik im Zweiten Weltkrieg sowie die Corona-Maßnahmen zeigten, „wie man unter halbwegs demokratischen Bedingungen die Fokussierung auf ein großes Ziel schaffen kann“. Die Pandemie-Politik habe nicht in einer „Corona-Diktatur“ geendet.
Peukerts Schreckensszenario steht so in Einzelteilen versteckt auch in diversen Klimaprogrammen, Gerichtsurteilen, Umweltgutachten und Green Deals. Aufgeschreckt von den „Friday for Future“-Großkundgebungen schrieb die CSU bereits 2019: „Mit Blick auf die Entwicklungs- und Produktionszyklen der Industrie müssen bereits heute die Weichen für die klimaneutrale Wirtschaft und Gesellschaft von morgen gestellt werden – und zwar über alle Sektoren hinweg. Wir wollen den Klimaschutz als Staatsziel ins Grundgesetz und in die Bayerische Verfassung schreiben“, heißt es in dem Papier „40plus“. Die 2021 gegründete Klimaunion von CDU und CSU behauptete in ihrem jüngsten Papier sogar: „Wir sind die letzte Generation, die noch eine sich selbst verstärkende Erderhitzung aufhalten kann.“ Selbst Hans-Werner Sinn sagte bereits 2018: „Der Klimawandel ist real.“ Die Menschheit verbrauche zu viel des „natürlichen Kapitals“ zu Lasten zukünftiger Generationen. Doch im Gegensatz zu Peukert ist er pessimistisch: Deutschland habe „keine Chance“, das Ziel der Bundesregierung zu erreichen, bis 2045 komplett aus der fossilen Energie auszusteigen. Trotzdem werde „eine ganze Volkswirtschaft mit 83 Millionen Einwohnern zum Versuchskaninchen für alternative Technologien gemacht“, so der frühere Ifo-Präsident.
Amazon liefert weiter in kalte Mini-Wohnung ohne Fahrstuhl
„Alleingänge bedeuten lediglich, daß andere Teile der Welt exakt so viel mehr Öl kaufen und CO₂ emittieren, wie wir einsparen. Wer in Europa trotzdem einen unilateralen Totalausstieg fordert, desavouiert die gesamte grüne Bewegung.“ Deutschland müsse den „außenpolitischen Moralismus“ unterlassen. „Die Erderwärmung zu bremsen ist wichtiger als die Frage, wo welche Ländergrenzen gezogen werden. Die würden sowieso überrannt, wenn es auf der Erde zu heiß würde“, sagt Sinn. Auf dieses Horrorszenario setzt Peukert übrigens voll und ganz. Wenn es zu heiß werde, ginge es ums Überleben und nicht mehr um Wohlstand.
Künftig solle den Menschen nur noch so viel Energie zur Verfügung gestellt werden, um eine Wohnfläche von 45 Quadratmetern auf 20 Grad zu heizen. Fahrstühle, Rolltreppen, Brotschneidemaschinen und Leuchtreklame müßten verboten werden, ebenso Kreuzfahrten, Billigflieger und Flüge von unter 1.000 und über 3.000 Kilometern. Käufe bei Amazon & Co. kommen hingegen mit einer 25-Prozent-Steuer weg, für Waschmaschinen ist eine Mindestzahl an Nutzern vorgeschrieben – das klingt nach kalifornischer „Sharing Economy“.
Den von Peukert geforderten Importstopp von Lebensmitteln von außerhalb der EU gab es in der DDR – doch dafür konnte jeder Fleisch und Wurst ohne „Punktebezugssystem“ kaufen. Massentierhaltung und Düngemittel waren nicht verboten, sondern Standard. Aber nicht nur deswegen sind Peukert und die „Letzte Generation“ keine „Klima-Sozialisten“. Denn an eine „Postwachstumsökonomie“ und ein „neues transzendentes Weltbild“ glauben nur gnadenlose Sekten und ihre Finanziers.
Einfach anders wohnen, fortbewegen und ernähren?
Die Forderungen des Sachverständigenrats für Umweltfragen (SRU) sind nicht so radikal wie die von Helge Peukert, aber unmißverständlich: „Die Umweltkrisen unserer Zeit lassen sich nur bewältigen, wenn wir die Art und Weise verändern, wie wir leben – also wie wir wohnen, konsumieren, uns fortbewegen und ernähren.“ Im Politologensprech ist von „Preissignalen“ die Rede, wenn etwas unerschwinglich gemacht werden soll. Verbote heißen bei den sieben Professoren und ihrer Generalsekretärin Julia Hertin „Regulierung“. So soll der „klimaschädliche“ Fleischverzehr nicht nur durch ein Werbeverbot, sondern auch durch höhere Mehrwertsteuersätze, eine Sonderabgabe und eine Zusatzsteuer „als Option“ reduziert werden. Und warum bietet der Einbau einer Wärmepumpe besonders hohe CO2-Reduktionspotentiale? Vielleicht, weil gleich vier Mitarbeiter des Öko-Instituts den SRU berieten. „Senior Researcher“ für „Energie & Klimaschutz“ sind dort übrigens Jakob und Verena Graichen. (fis)
SRU-Sondergutachten 5/23: www.umweltrat.de